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Text-Zusammenfassungen

Hauptteil

Subsidär VS Gewährleistend

In Nordrhein-Westfalen sieht das dortige Weiterbildungsgesetz […] »die Sicherstellung eines bedarfsdeckenden Angebots an Lehrveranstaltungen zur Weiterbildung« vor, das durch »Einrichtungen des Landes. der Kreise, kreisfreien Städte, kreisangehörigen Gemeinden sowie anderer Träger gewährleistet werden« soll. (§4 Abs. 1) Das Land verpflichtet sich nach Maßgabe des Gesetzes, also ohne Haushalsvorbehalt, die Weiterbildung zu fördern und eine »Grundversorgung« mit einem »Mindestangebot« an Weiterbildung zu sichern, das sich nach der Einwohnerzahl des Einzugsbereichs der Volkshochschulen richtet, für die das Gesetz eine finanzielle Ausstattung in hähe von 100% der anzuerkennenden Aufwendungen vorsieht. Über das »Mindestangebot« hinaus ist eine weiterhende förderung im Rahmen des Haushaltsplans möglich. Außerdem erhalten Einrichtungen andere Träger eine finanzielle Förderung in Höhe von 60% der anerkannten Aufwendungen, die sich nach dem Veranstaltungsvolumen richtet, das in dem Kalenderjahr durchgeführt wurde,das dem Rechnungsjahr voraus ging. Die Finanzausstattung des Weiterbildungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen ist jedoch durch das dortige Haushaltsfinanzierungsgesetz vom 16.12.1981 detlich eingeschränkt worden. Das Land verpflichtet die Kreise und kreisfreien Städte zur Erstellung von Weiterbildungs-Entwicklungsplänen unter Beteiligung der anderen Tröger und der Hochschulen zur Sicherung eine »bedarfsdeckenden Angebots«, die dem Regierungspräsidenten zur Prüfung vorzulegen sind. Beraten werden die Weiterbildungs-Einrichtungen durch eine Abteilung »Weiterbildung« beim »Landesinstitung für Curriculumentwicklung, Lehrerfortbildung und Weiterbildung«.

Das Besondere an den nordrhein-westfälischen Regelungen ist die investive finanzielle Ausstattung der Volkshochschulen durch das Land. Zusätzlich werden die Träger anderer anerkannter Einrichtungn unter vergleichsweise günstigen Zuschußbedingungen finanziell gefördert und der Weiterbildungsbereich durch Verordnungnen und Weiterbildungsentwicklungspläne strukturiert sowie vom Landesinstitut fachlich beraten. Deshalb lassen sich die in Nordrhein-Westfalen geltenden rechtlichen Regelungen als »einerseits investiv-gewährleistend und andererseits koordiniert-subsidiär« kennzeichnen. Kuhlenkamp 1983, S. 119f

Da die bestehenden Weiterbildungsgesetze weit mehr Gesichtspunkten der haushaltsabhängigen »Förderung« als denen der bedarfsgerechten »Gewährleistung« folgen, vermögen sie den Weiterbildungsbereich auch nursehr unzureichend gegenüber den Haushaltsproblemen der Länder abzuschirmen. Die finanzielle Ausstattung der bestehenden Weiterbildungsgesetze erscheint nach den bisherigen Erfahrungen als noch disponibler und »konjunkturabhängiger« als die Finanzausstattung anderer Bildungsbereiche.

Sollte Weiterbildung incht vorrangig gefördert, sondern nach an dem Sozialstaatspostulat von Art. 20, Abs. 1 des Grundgesesetzes orientierten Kriterien gewährleistet werden, so läßt sich dieses kaum ohne ein größeres politisches, rechtliches und finanzielles Engagement der Länder vorstellen. Denn der Weiterbildungsbereich müßte dann von seiner gegenwärtigen Abhängigkeit von weitgehend subsidiärer, an das durchgeführte Veranstaltungsvolumen gebundener und von einem grundsätzlichen Haushaltsvorbehalt eingeschränkter Zuschußgewährung entlastet werden. Sinnvoll wären unter dieser Zielvorstellung Gesetze, die der Weiterbildung investiv - an Einwohnerzahlen orientierte - Ressourcen zur Verfügung stellten, die nicht durch einen Haushaltsvorbehalt - wie in allen bestehenden Landesgesetzen mit Ausnahme in Niedersachen und Nordrhein-Westfalen - an jährliche politische Willensentscheidungen der Parlamente gekoppelt wären oder durch ein »Haushaltsfinanzierungsgesetz« - wie in Nordrhein-Westfalen - eingeschränkt oder durch restriktive Novellierungpläne - wie in Niedersachsen - bedroht würden. Kuhlenkamp 1983, S. 123

Kuhlenkamp stellt in einem Ländervergleich der schwachen Formulierung 'Förderung' die stärkere der 'Gewährleistung' gegenüber und entwirftr vor diesem Hintergrund eine Typologie der Weiterbildungsgesetze. Ein wesentliche Prüfkriterium ist dabei die Einwirkungsmöglcihkeit des Landes, was angesichts der vielfach proklamierten 'Öffentlichen Verantwortung' naheliegt. Die Sichtung ergibt zwei Typen, die sich intern nochmals weiter differenzieren lassen.

Der erste Typus ist mit dem Stichwort 'subsidiär' zu charakterisieren. Staatliche Förderung ist hier nachrangig und unterstützend, selbst wnn sie faktisch bei einzelnen Weiterbildungsträgern den größten Einnahmeposten ausmacht. Es geht nicht um ein Weiterbidungsangebot in Verantwortung der Länder, sondern um die Schaffung(d.h. vor allem Finanzierung) günstiger Bedingungen für ein ganzes Spektrum unterschiedlicher Veranstalter.[…] Es wird weitgehend darauf vertraut daß sich die Weiterbildung im relativ 'freien Spiel der Kräfte', unterstützt von der öffentlichen Hand, in Form eines kooperativen Systems etabliert. Entscheidende Bezugsgrößen für die Mittelzuweisung sind einerseits das durchgeführte Veranstaltungsvolumen und anderseits die im Haushaltsplan des Landes jeweils ausgewiesenen Mittelansätze für die Weiterbildung.

[…]

Der zweite Typus wird mit dem Etikett 'gewährleistend' versehen. Er umfaßt die gesetzlichen Regelungen in Hessen und in Nordrhein-Westfalen. Entscheidend ist für Hessen, daß die Einrichtung von Volkshochschulen eine Pflichtaufgabe der Kommunen und Landkreise darstellt und daß die Personalkostenzuschüsse nicht an das Veranstaltungsvolumen, sondern an die Einwohnerzahl des Einzugsbereiches geknüpft sind. In Nordrhein-Westfalen wird eine flächendeckende 'Grundversorgung' mit einem geförderten 'Mindestangebot' gesichert, das ebenfalls an die Einwohnerzahl des Einzugsbereiches einer Volkshochschule gebunden ist. Für dieses Mindestangebot sieht das Gesetz eine finanzielle Ausstattung in Höhe von 100% der anzuerkennenden Aufwendungen vor.

Wittpoth 1997, S. 12f

Faßt man zusammen, so wird eine öffentliche Verantwortung für die allgemeine Weiterbildung also am ehesten dort wahrgenommen, wo Gesetze des 'gewährleistenden' Typus gelten. Auch Bockemühl kommt in seiner vergleichenden Untersuchung zu dem Ergebnis, daß gerade die Gesetze in Hessen und Nordrhein-Westfalen unen außerordentlichen Aufschwung zur Folge hatten und ein zugleich umfassendes und differenziertes Bildungsangebot hervorgebracht haben ( vgl. Bockemühl 1977, 201). Allerdings sind auch diese vergleichsweise weitgehenden Gesetze kaum geeignet, einen 'quartären Sektor des Bildungssystems' zu schaffen und zu sichern. Sie können den Weiterbildungsbereich nämlich nur sehr unzureichend gegenüber den Haushaltsproblemen der Länder abschirmen, was spätestens in der ersten Hälfte der 80er Jahre deutlich wurde, in der die aufgewendeten Landesmittel nach einer längeren Phase der Expansion eine faktisch rückläufige Tendenz aufwiesen. Neuerliche Mittelkürzungen sind angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte zu erwarten. Wittpoth 1997, S. 14

Weiterbildungsgesetze können in einen 'subsidären' und einen 'gewährleistenden' Typus unterschieden werden.

Gesetze, die eher dem 'subsidiären' Typus zugerechnet werden können, sind darauf ausgerichtet, möglichst günstige Bedingungen zu schaffen, um ein breites Spektrum unterschiedlicher Anbieter darin zu unterstützen, 'in einem freien Spiel der Kräfte' ein Weiterbildungssystem in Form eines kooperativen Systems zu etablieren. Dazu werden vor allem finanzielle Anreize geschaffen, die zum Teil an die Erfüllung bestimmter Bedingungen geknüpft sind - etwa ein Mindestumfang an zu erbringenden Unterrichtsstunden pro Jahr oder die Teilnahme an regionalen Kooperationsgremien oder die Einführung eines Qualitätssicherungsystems etc. ( Wittpoth 1997, S. 12f).

Gesetze, die eher dem 'gewährleistendem' Typus zugerechnet werden können, setzen hingegen zumindest zum Teil auf die Finanzierung einer 'Grundversorgung' in staatlicher Verantwortung. Für diese 'Grundversorgung' werden die Kosten zu 100% übernommen. Diese 'Grundversorgung' wird hauptsächlich von VHS übernommen. Jedoch können auch andere Träger mit der Erbringung dieser 'Grundversorgung' beauftragt werden.

Darüber hinaus können in Gesetzen dieses Typus weitere subsidiäre Elemente verankert sein, etwa die Förderung von über die Grundversorung hinausgehende Unterrichteseinheiten mit einem gewissen Anteil der pauschal dafür veranschlagten Posten.

Faßt man zusammen, so wird eine öffentliche Verantwortung für die allgemeine Weiterbildung also am ehesten dort wahrgenommen, wo Gesetze des 'gewährleistenden' Typus gelten. Auch Bockemühl kommt in seiner vergleichenden Untersuchung zu dem Ergebnis, daß gerade die Gesetze in Hessen und Nordrhein-Westfalen einen außerordentlichen Aufschwung zur Folge hatten und ein zugleich umfassendes und differenziertes Bildungsangebot hervorgebracht haben ( vgl. Bockemühl 1977, 201). Allerdings sind auch diese vergleichsweise weitgehenden Gesetze kaum geeignet, einen 'quartären Sektor des Bildungssystems' zu schaffen und zu sichern. Sie können den Weiterbildungsbereich nämlich nur sehr unzureichend gegenüber den Haushaltsproblemen der Länder abschirmen, was spätestens in der ersten Hälfte der 80er Jahre deutlich wurde, in der die aufgewendeten Landesmittel nach einer längeren Phase der Expansion eine faktisch rückläufige Tendenz aufwiesen. Neuerliche Mittelkürzungen sind angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte zu erwarten. Wittpoth 1997, S. 14

Weiterbildungsgesetze in den neuen Bundesländern

Die bisher vorliegenden Gesetzentwürfe lassen erkennen, daß die in den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland verabschiedeten Gesetze zur Weiterbildung/Erwachsenenbildung die Vorlage boten zur Ausarbeitung von Gesetzentwürfen in den neuen Ländern. In Brandenburg hat man sich an den Gesetzten in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein orientiert, in Sachsen-Anhalt am Erwachsenenbildungsgesetz in Niedersachsen, und thüringen hatte die Erwachsenenbildungsgesetze in Bayern und in Hessen als Vorlage. Grundlegende Zielelemente für ein im Aufbau befindliches Erwachsenenbildungssystem, die sich an der Bedarfsgerechtigkeit und der Flächendeckung orientieren, sind weder in den vorgeschlagenen Organisationsstrukturen noch in den Förderungregelungen der Entwürfe berücksichtigt worden. Soweit Ansätze einer investiven Förderung, die sich an den Aufbaunotwendigkeiten der Erwachsenenbildung und nicht an erbrachten Leistungen orientiert (die in den neuen Ländern wegen der repressiven Wirkungen der DDR minimal sind), eingearbeitet wurden, haben widersprüchliche Regelungen oder unpräzise Formulierungen diese wieder zunichte gemacht. Rohlmann 1992, S.76f

Zur finanziellen Förderung durch das Land ist zu klären

  • ob eine institutionelle Förderung angestrebt wird,
  • ob eine allgemeine förderung allein nach den vorher erbrachten Leistungen ausgerichtet wird,
  • ob den Trägern ein Rechtsanspruch auf staatliche Förderung zuerkannt wird oder
  • ob nur die Möglcihkeit einer Förderung nach dem Gesetz in Aussicht gestellt wird.

Eine widersprüchliche Regelung ist in dem Vor-Entwurf (Arbeitspapier) von Brandenburg enthalten. Einerseits wird das Land zur Förderung der Weiterbildung »verpflichtet« (§ 4 Abs. 1). Andererseits wird festgelegt: Das Land kann Trägern und Einrichtungen für einzelne Maßnahmen Projektförderung gewähren - ebenfalls nach Maßgabe des Haushalts. Wenn das Land fördern kann, ist damit auch ausgesagt, daß es nicht notwendig fördern muß. Welchen Wert die »Verpflichtung« zur Förderung hat, ist danach ungewiß. Nach den seit Ende 1991 vorliegenden Eckdaten zu einem Referentenentwurf sind verbindliche Regelungen zur institutionellen Förderung der Weiterbildung in Brandenburg vorgesehen. Rohlmann 1992, S. 74

Die einschlägige Gesetzgebung in den neuen Bundesländern hat keine grundsätzlich neuen Aspekte hervorgebracht. Auch sie erkennt zunächst Weiterbildung als gleichberechtigten Teil des Bildungswesens an und stellt sie in den Dienst der Verwirklichung des Rechts auf Bildung. Wie kaum ander zu erwarten war, orientieren isch die Gesetze im Konkreten jedoch an denen der alten Länder. Brandenburg hat Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zu Vorlage genommen, Sachsen-Anhalt folgt dem niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetz und Thüringen bezieht sich vor allem auf Bayern. „Grundlegende Zielelemente für ein im Aufbau befindliches Erwachsenenbildungssystem, die sich an der Bedarfsgerechtigkeit und der Flächendeckung orientieren“ (Rohlmann 1992, 76), berücksichtigen sie nicht. So ist zum Beispiel die ivestive Förderung, die auf die notwendige Schaffung von Infrastrukturen und nicht auf bereits erbrachte Leistungen Bezug nimmt, nicht befriedigend geregelt (vgl. ebd., 77). Auch wenn es noch eine Weile dauern wird, bis sich die Strukturen konsolidiert haben, läßt sich bereits jetzt festhalten, daß die Chancen, die mit der Situation des Neuaufbaus gegeben waren, nicht genutzt worden sind.

Wittpoth 1997, S. 13f

Wittpoth behauptet unter Bezugnahme auf Rohlmann:

„Wie kaum ander zu erwarten war, orientieren sich die Gesetze im Konkreten jedoch an denen der alten Länder. Brandenburg hat Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zu Vorlage genommen, Sachsen-Anhalt folgt dem niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetz und Thüringen bezieht sich vor allem auf Bayern. „Grundlegende Zielelemente für ein im Aufbau befindliches Erwachsenenbildungssystem, die sich an der Bedarfsgerechtigkeit und der Flächendeckung orientieren“ (Rohlmann 1992, 76), berücksichtigen sie nicht.“

Rohlmann argumentiert:

„Grundlegende Zielelemente für ein im Aufbau befindliches Erwachsenenbildungssystem, die sich an der Bedarfsgerechtigkeit und der Flächendeckung orientieren, sind weder in den vorgeschlagenen Organisationsstrukturen noch in den Förderungregelungen der Entwürfe berücksichtigt worden. Soweit Ansätze einer investiven Förderung, die sich an den Aufbaunotwendigkeiten der Erwachsenenbildung und nicht an erbrachten Leistungen orientiert (die in den neuen Ländern wegen der repressiven Wirkungen der DDR minimal sind), eingearbeitet wurden, haben widersprüchliche Regelungen oder unpräzise Formulierungen diese wieder zunichte gemacht.“

Er bemängelt also (zu Beginn der 90er Jahre), dass aufgrund einer fehlenden Orientierung am 'gewährleistenden' Typus bei den Entwürfen der neuen Bundesländer, „grundlegende Zielelemente für ein im Aufbau befindliches Erwachsenenbildungssystem […] weder in den vorgeschlagenen Organisationsstrukturen noch in den Förderungsregelungen der Entwürfe berücksichtigt worden“ sind (vgl. Rohlmann 1992, S. 74).

Andererseits relativiert Wittpoth:

„ Allerdings sind auch diese vergleichsweise weitgehenden Gesetze kaum geeignet, einen 'quartären Sektor des Bildungssystems' zu schaffen und zu sichern. Sie können den Weiterbildungsbereich nämlich nur sehr unzureichend gegenüber den Haushaltsproblemen der Länder abschirmen, was spätestens in der ersten Hälfte der 80er Jahre deutlich wurde, in der die aufgewendeten Landesmittel nach einer längeren Phase der Expansion eine faktisch rückläufige Tendenz aufwiesen. Neuerliche Mittelkürzungen sind angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte zu erwarten.“

Zitate

Die bisher vorliegenden Gesetzentwürfe lassen erkennen, daß die in den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland verabschiedeten Gesetze zur Weiterbildung/Erwachsenenbildung die Vorlage boten zur Ausarbeitung von Gesetzentwürfen in den neuen Ländern. In Brandenburg hat man sich an den Gesetzen in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein orientiert, in Sachsen-Anhalt am Erwachsenenbildungsgesetz in Niedersachsen, und Thüringen hatte die Erwachsenenbildungsgesetze in Bayern und in Hessen als Vorlage. Grundlegende Zielelemente für ein im Aufbau befindliches Erwachsenenbildungssystem, die sich an der Bedarfsgerechtigkeit und der Flächendeckung orientieren, sind weder in den vorgeschlagenen Organisationsstrukturen noch in den Förderungregelungen der Entwürfe berücksichtigt worden. Soweit Ansätze einer investiven Förderung, die sich an den Aufbaunotwendigkeiten der Erwachsenenbildung und nicht an erbrachten Leistungen orientiert (die in den neuen Ländern wegen der repressiven Wirkungen der DDR minimal sind), eingearbeitet wurden, haben widersprüchliche Regelungen oder unpräzise Formulierungen diese wieder zunichte gemacht. Rohlmann 1992, S.76f

Zur finanziellen Förderung durch das Land ist zu klären

  • ob eine institutionelle Förderung angestrebt wird,
  • ob eine allgemeine förderung allein nach den vorher erbrachten Leistungen ausgerichtet wird,
  • ob den Trägern ein Rechtsanspruch auf staatliche Förderung zuerkannt wird oder
  • ob nur die Möglcihkeit einer Förderung nach dem Gesetz in Aussicht gestellt wird.

Eine widersprüchliche Regelung ist in dem Vor-Entwurf (Arbeitspapier) von Brandenburg enthalten. Einerseits wird das Land zur Förderung der Weiterbildung »verpflichtet« (§ 4 Abs. 1). Andererseits wird festgelegt: Das Land kann Trägern und Einrichtungen für einzelne Maßnahmen Projektförderung gewähren - ebenfalls nach Maßgabe des haushalts. Wenn das Land fördern kann, ist damit auch ausgesagt, daß es nicht notwendig fördern muß. Welchen Wert die »Verpflichtung« zur Förderung hat, ist danach ungewiß. Nach den seit Ende 1991 vorleigenden Eckdaten zu einem Referentenentwurf sind verbindlich Regelungen zur institutionellen Förderung der Weiterbildung in Brandenburg vorgesehen. Rohlmann 1992, S. 74

Kuhlenkamp stellt in einem Ländervergleich der schwachen Formulierung 'Förderung' die stärkere der 'Gewährleistung' gegenüber und entwirftr vor diesem Hintergrund eine Typologie der Weiterbildungsgesetze. Ein wesentliche Prüfkriterium ist dabei die Einwirkungsmöglichkeit des Landes, was angesichts der vielfach proklamierten 'Öffentlichen Verantwortung' naheliegt. Die Sichtung ergibt zwei Typen, die sich intern nochmals weiter differenzieren lassen.

Der erste Typus ist mit dem Stichwort 'subsidiär' zu charakterisieren. Staatliche Förderung ist hier nachrangig und unterstützend, selbst wnn sie faktisch bei einzelnen Weiterbildungsträgern den größten Einnahmeposten ausmacht. Es geht nicht um ein Weiterbidungsangebot in Verantwortung der Länder, sondern um die Schaffung(d.h. vor allem Finanzierung) günstiger Bedingungen für ein ganzes Spektrum unterschiedlicher Veranstalter.[…] Es wird weitgehend darauf vertraut daß sich die Weiterbildung im relativ 'freien Spiel der Kräfte', unterstützt von der öffentlichen Hand, in Form eines kooperativen Systems etabliert. Entscheidende Bezugsgrößen für die Mittelzuweisung sind einerseits das durchgeführte Veranstaltungsvolumen und anderseits die im Haushaltsplan des Landes jeweils ausgewiesenen Mittelansätze für die Weiterbildung.

[…]

Der zweite Typus wird mit dem Etikett 'gewährleistend' versehen. Er umfaßt die gesetzlichen Regelungen in Hessen und in Nordrhein-Westfalen. Entscheidend ist für Hessen, daß die Einrichtung von Volkshochschulen eine Pflichtaufgabe der Kommunen und Landkreise darstellt und daß die Personalkostenzuschüsse nicht an das Veranstaltungsvolumen, sondern an die Einwohnerzahl des Einzugsbereiches geknüpft sind. In Nordrhein-Westfalen wird eine flächendeckende 'Grundversorgung' mit einem geförderten 'Mindestangebot' gesichert, das ebenfalls an die Einwohnerzahl des Einzugsbereiches einer Volkshochschule gebunden ist. Für dieses Mindestangebot sieht das Gesetz eine finanzielle Ausstattung in Höhe von 100% der anzuerkennenden Aufwendungen vor.

Wittpoth 1997, S. 12f

Die einschlägige Gesetzgebung in den neuen Bundesländern hat keine grundsätzlich neuen Aspekte hervorgebracht. Auch sie erkennt zunächst Weiterbildung als gleichberechtigten Teil des Bildungswesens an und stellt sie in den Dienst der Verwirklichung des Rechts auf Bildung. Wie kaum ander zu erwarten war, orientieren isch die Gesetze im Konkreten jedoch an denen der alten Länder. Brandenburg hat Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zu Vorlage genommen, Sachsen-Anhalt folgt dem niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetz und Thüringen bezieht sich vor allem auf Bayern. „Grundlegende Zielelemente für ein im Aufbau befindliches Erwachsenenbildungssystem, die sich an der Bedarfsgerechtigkeit und der Flächendeckung orientieren“ (Rohlmann 1992, 76), berücksichtigen sie nicht. So ist zum Beispiel die ivestive Förderung, die auf die notwendige Schaffung von Infrastrukturen und nicht auf bereits erbrachte Leistungen Bezug nimmt, nicht befiredigend geregelt (vgl. ebd., 77). Auch wenn es noch eine Weile dauern wird, bis sich die Strkturen konsolidiert haben, läßt sich bereits jetzt festhalten, daß die Chancen, die mit der Situation des Neuaufbaus gegeben waren, nicht genutzt worden sind.

Wittpoth 1997, S. 13f

Faßt man zusammen, so wird eine öffentliche Verantwortung für die allgemeine Weiterbildung also am ehesten dort wahrgenommen, wo Gesetze des 'gewährleistenden' Typus gelten. Auch Bockemühl kommt in seiner vergleichenden Untersuchung zu dem Ergebnis, daß gerade die Gesetze in Hessen und Nordrhein-Westfalen unen außerordentlichen Aufschwung zur Folge hatten und ein zugleich umfassendes und differenziertes Bildungsangebot hervorgebracht haben ( vgl. Bockemühl 1977, 201). Allerdings sind auch diese vergleichsweise weitgehenden Gesetze kaum geeignet, einen 'quartären Sektor des Bildungssystems' zu schaffen und zu sichern. Sie können den Weiterbildungsbereich nämlich nur sehr unzureichend gegenüber den Haushaltsproblemen der Länder abschirmen, was spätestens in der ersten Hälfte der 80er Jahre deutlich wurde, in der die aufgewendeten Landesmittel nach einer längeren Phase der Expansion eine faktisch rückläufige Tendenz aufwiesen. Neuerliche Mittelkürzungen sind angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte zu erwarten. Wittpoth 1997, S. 14

In Nordrhein-Westfalen sieht das dortige Weiterbildungsgesetz […] »die Sicherstellung eines bedarfsdeckenden Angebots an Lehrveranstaltungen zur Weiterbildung« vor, das durch »Einrichtungen des Landes. der Kreise, kreisfreien Städte, kreisangehörigen Gemeinden sowie anderer Träger gewährleistet werden« soll. (§4 Abs. 1) Das LAnd verpflichtet sich nach Maßgabe des Gesetzes, also ohne Haushalsvorbehalt, die Weiterbildung zu fördern und eine »Grundversorgung« mit einem »Mindestangebot« an Weiterbildung zu sichern, das sich nach der Einwohnerzahl des Einzugsbereichs der Volkshochschulen richtet, für die das Gesetz eine finanzielle Ausstattung in hähe von 100% der anzuerkennenden Aufwendungen vorsieht. Über das »Mindestangebot« hinaus ist eine weiterhende förderung im Rahmen des Haushaltsplans möglich. Außerdem erhalten Einrichtungen andere Träger eine finanzielle Förderung in Höhe von 60% der anerkannten Aufwendungen, die sich nach dem Veranstaltungsvolumen richtet, das in dem Kalenderjahr durchgeführt wurde,das dem Rechnungsjahr voraus ging. Die Finanzausstattung des Weiterbildungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen ist jedoch durch das dortige Haushaltsfinanzierungsgesetz vom 16.12.1981 detlich eingeschränkt worden. Das Land verpflichtet die Kreise und kreisfreien Städte zur Erstellung von Weiterbildungs-Entwicklungsplänen unter Beteiligung der anderen Tröger und der Hochschulen zur Sicherung eine »bedarfsdeckenden Angebots«, die dem Regierungspräsidenten zur Prüfung vorzulegen sind. Beraten werden die Weiterbildungs-Einrichtungen durch eine Abteilung »Weiterbildung« beim »Landesinstitung für Curriculumentwicklung, Lehrerfortbildung und Weiterbildung«.

Das Besondere an den nordrhein-westfälischen Regelungen ist die investive finanzielle Ausstattung der Volkshochschulen durch das Land. Zusätzlich werden die Träger anderer anerkannter Einrichtungn unter vergleichsweise günstigen Zuschußbedingungen finanziell gefördert und der Weiterbildungsbereich durch Verordnungnen und Weiterbildungsentwicklungspläne strukturier sowie vom Landesinstitut fachlich beraten. Deshalb lassen sich die in Nordrhein-Westfalen geltenden rechtlichen Regelungen als »einerseits investiv-gewährleistend und andererseits koordiniert-subsidiär« kennzeichnen. Kuhlenkamp 1983, S. 119f

Da die bestehenden Weiterbildungsgesetze weit mehr Gesichtspunkten der haushaltsabhängigen »Förderung« als denen der bedarfsgerechten »Gewährleistung« folgen, vermögen sie den Weiterbildungsbereich auch nursehr unzureichend gegenüber den Haushaltsproblemen der Länder abzuschirmen. Die finanzielle Ausstattung der bestehnden Weiterbildungsgesetze erscheint nach den bisherigen Erfahrungen als noch disponibler und »konjunkturabhängiger« als die Finanzausstattung anderer Bildungsbereiche.

Sollte Weiterbildung incht vorrangig gefördert, sondern nach an dem Sozialstaatspostulat von Art. 20, Abs. 1 des Grundgesesetzes orientierten Kriterien gewährleistet werden, so läßt sich dieses kaum ohne ein größeres politisches, rechtliches und finanzielles Engagement der Länder vorstellen. Denn der Weiterbildungsbereich müßte dann von seiner gegenwärtigen Abhängigkeit von weitgehend subsidiärer, an das durchgeführte Veranstaltungsvolumen gebundener und von einem grundsätzlichen Haushaltsvorbehalt eingeschränkter Zuschußgewährung entlastet werden. Sinnvoll wären unter dieser Zielvorstellung Gesetze, die der Weiterbildung investiv - an Einwohnerzahlen orientierte - Ressourcen zur Verfügung stellten, die nicht durch einen Haushaltsvorbehalt - wie in allen bestehenden Landesgesetzen mit Ausnahme in Niedersachen und Nordrhein-Westfalen - an jährliche politische Willensentscheidungen der Parlamente gekoppelt wären oder durch ein »Haushaltsfinanzierungsgesetz« - wie in Nordrhein-Westfalen - eingeschränkt oder durch restriktive Novellierungpläne - wie in Niedersachsen - bedroht würden. Kuhlenkamp 1983, S. 123

Die konkrete Erwachsenenbildungsarbeit findet in speziellen Einrichtungen statt. Auch hier ergibt sich wieder ein Bild der Vielfalt, aber auch der Unübersichtlichkeit. Es existieren eine Fülle von Einrichtungen, die unterschiedliche Bezeichnungen führen, z. B. Volkshochschulen, Heimvolkshochschulen, Akademien, Bildungswerke, Bildungsstätten, Bildungszentren, Bildungshäuser. Diese Unübersichtlichkeit im Erwachsenenbildungssektor - im Gegensatz zum durchstrukturierten Schul- und Hochschulsektor - kommt hauptsächlich dadurch zustande, daß vereinheitlichende Gesetze und Verordnungen fehlen und so immer wieder neue Einrichtungen und Träger der Bildungsarbeit entstehen können. Wennemann 1999 S. 80

Akademien Ziel der Akademien als Einrichtungen der sozialen und politischen Erwachsenenbildung ist die Ermöglichung einer intensiven und sachgerechten Auseinandersetzung mit den Problemen der sozialen und politischen Wirklichkeit. Dabei wird die Ausrichtung bestimmt durch die Zugehörigkeit zu übergeordneten Institutionen, z. B. zu bestimmten Kirchen oder Parteien. Es lassen sich unterscheiden:

  1. Sozialakademien: Hier sind vor allem kirchliche und gewerkschaftliche Sozialakademienzu differenzieren, wobei in diesen Einrichtungen neben Seminaren und Veranstaltungen für die Allgemeinheit auch Qualifizierungslehrgänge für die Führungsschicht von Gewerkschaften, Verbänden oder anderen Organisationen vorgenommen werden. Auf kirchlicher Ebene gehören auch Gespräche über Entscheidungsfragen des sozialen, kulturellen und kirchlichen Lebens mit „Verantwortlichen auf mittlerer und oberer Ebene„ aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Kirche zu den Aufgaben von Akademien.
  2. Politische Akademien: Neben den politischen Akademien der großen Parteien (z. B. Theodor-Heuss-Akademie, Bildungszentrum Wildbad Kreuth), deren Träger Stiftungen sind, gibt es auch einige regionale Stiftungen mit eigenen Akademien.

Politische und soziale Bildung wird aber nicht nur in den gerade genannten speziellen Einrichtungen durchgeführt, sondern auch in vielen anderen Institutionen wie z. B. in Volkshochschule oder Heimvolkshochschule.

Wennemann 1999 S. 81f

Der Erwachsenenbildungsbereich befindet sich noch in einer Phase der Professionalisierung, d.h. daß aus einer ehemals ehrenamtlichen Tätigkeit ohne Bezahlung und ohne spezielle Ausbildung „von einem bestimmten Augenblick , an eine Tätigkeit gegen Bezahlung wird, und zwar in einem solchen Um- • fang, daß die diese Tätigkeit ausübende Person davon leben kann“. 185 So stieg die Zahl der hauptberuflichen Mitarbeiterinnen an Volkshochschulen in den vergangenen Jahren ständig an. Gab es 1979 z. B. noch 369 hauptberufliche LeiterInnen an Volkshochschulen, so waren es 1990 schon 515. Die Zahl der hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeiterinnen an den Volkshochschulen stieg im gleichen Zeitraum sogar von 1200 auf 3293. Auffällig hoch ist dennoch die Anzahl der nebenberuflichen pädagogischen MitarbeiterInnen, die 1979 102.189 und 1990 150.733 betrug. Insbesondere im Vergleich mit den „Hauptberuflern„ wird deutlich, daß der Anteil der Nebenamtlichen im Bereich der Erwachsenenbildung stark überwiegt, also eine geringe Zahl von Hauptamtlichen einem „Heer“ von Nebenamtlichen gegenübersteht. Wennemann 1999 S.83

Für Mitarbeiterinnen in der Erwachsenenbildung gibt es eine Reihe von Aufgaben, deren wichtigste sich wie folgt katalogisieren lassen:

  1. Erkundung des Bildungsbedarfs
  2. Sicherung der Finanzierung und Überwachung der Verwaltung
  3. Planung, Konzipierung, evt. Beantragung und Organisation von Veranstaltungen und Seminaren
  4. Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Zusammenarbeit mit anderen Institutionen
  5. Information, Beratung und Betreuung von Interessentinnen und Teilnehmerinnen
  6. Einstellung, Beratung und Fortbildung von nebenamtlichen Mitarbeiterinnen
  7. Lehrtätigkeit
  8. Beobachtung bildungspolitischer Entwicklungen und regionalpolitischer Veränderungen

Dabei haben sich in der Erwachsenenbildung zwei unterschiedliche Arbeitsfelder entwickelt, nämlich zum einen der Bereich der Planung, Organisation und Disposition, der i. d. R. von Hauptamtlichen wahrgenommen wird, und zum anderen der Bereich des Lehrens, in dem hauptsächlich nebenamtliche Mitarbeiterinnen tätig sind.

Der Einsatz von Hauptamtlichen gilt als Voraussetzung dafür, daß Erwachsenenbildung in einem größeren Ausmaß angeboten und entwickelt werden kann. Dabei stellt dieser Bereich ein Arbeitsfeld für DiplompädagogInnen, SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen dar. Diese treten hier allerdings in Konkurrenz zu anderen Berufsgruppen, vor allem zu TheologInnen, SoziologInnen, HistorikerInnen und GermanistInnen.

Wennemann 1999 S. 84

Für einen Einsatz als hauptamtlich Lehrende (WeiterbildungslehrerInnen) sind die Möglichkeiten für Pädagoginnen, Sozialpädagoginnen und SozialarbeiterInnen sehr begrenzt, da WeiterbildungslehrerInnen häufig in Bereichen Verwendung finden, für die eine Lehrerausbildung erforderlich ist, z. B. beim Nachholen des Hauptschulabschlusses für junge Ausländerinnen. Ohnehin sind die Beschäftigungschancen für eine hauptamtliche Lehrtätigkeit in der Erwachsenenbildung relativ gering, da hier überwiegend nebenamtliche Mitarbeiterinnen eingesetzt werden.

Über die Qualifikation von hauptberuflichen Mitarbeitefilmen in der Weiterbildung finden sich in den Gesetzen, Verordnungen und Gutachten entweder nur allgemeine oder gar keine Aussagen. Die allgemeinen Aussagen beschränken sich darauf, daß ein Hochschulabschluß, aber auch eine Berufsausbildung und geeignete berufspraktische Kenntnisse und Erfahrungen zu einer Tätigkeit im Weiterbildungsbereich befähigen. In der Praxis ist der Anteil der hauptamtlichen MitarbeiterInnen mit einem Hochschulabschluß immer mehr angestiegen 190. Auffällig an der Qualifikationsstruktur der Hauptamtlichen ist der hohe Anteil von Mitarbeiterinnen mit mehreren berufsqualifizierenden Abschlüssen.

Die nebenamtlichen MitarbeiterInnen in der Erwachsenenbildung entstammen den unterschiedlichsten Berufsgruppen. Zum einen sind hier Lehrerinnen aus dem Schulbereich zu nennen, die z. B. abends noch einen Kurs in Stadtgeschichte anbieten, zum anderen Musiker, Theaterpädagogen, Künstler oder auch Hausfrauen mit kreativen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Daneben sind auch Hochschulabsolventinnen z. B. Diplompädagoginnen, SozialarbeiterInnen mit Kenntnissen in unterschiedlichen Bereichen gefragt, sei es, daß diese sich aus ihrem Studium ableiten lassen, z. B. Kenntnisse im Bereich Lern- und Arbeitstechniken, Kommunikation, Erziehung, oder daß sie außerhalb des Studiums erworben wurden, wie z. B. Fertigkeiten im kreativen oder musischen Bereich.

Allerdings läßt der Erwachsenenbildungsbereich deutliche Berufsstrukturen noch immer vermissen. Es fehlt eine „schlüssige und übersichtliche Klassifizierung der Erwachsenenbildungsinstitutionen mit den zugehörigen beruflichen Positionen„. Präzise umschriebene Stellenbeschreibungen mit eindeutigen Berufsbezeichnungen, Einsatzbereichen und Karrieremustern gibt es in der Erwachsenenbildung noch nicht. So erbringt eine Betrachtung von Stellenausschreibungen eine Fülle von Bezeichnungen wie Pädagogische Mitarbeiterin, Dozent, Weiterbildungslehrerin, Fachbereichsleiterin, Fachleiter, Bildungsreferentin etc. Selbst im Bereich der Volkshochschulen gibt es keine einheitlichen Berufsbezeichnungen'“. Deshalb erweist sich eine Auflistung der in den Weiterbildungsinstitutionen möglichen Ausübungs- und. Aufstiegsformen als schwierig. Trotzdem soll im folgenden der Versuch unternommen werden, die Tätigkeitsmöglichkeiten von pädagogischen Fachkräften in der Erwachsenenbildung zusammenfassend darzustellen, wobei mit dieser Aufzählung kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird. Wennemann 1999 S. 84f

Wie bereits oben erwähnt, gibt es keine verbindliche Regelung für einen beruflichen Einstieg in die Erwachsenenbildung. Für Diplompädogoginnen ist lt. Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 22. Mai 1981 die Studienrichtung „Grundlagen der Erwachsenenbildung und außerschulische Jugendbildung„ geschaffen worden. Diese Studienrichtung konnte 1990 an 29 Hochschulen absolviert werden. Weiterhin gibt es die Möglichkeit eines Zusatzstudiums „Erwachsenenbildung“ und einer Ausbildung zum Weiterbildungslehrer. Für bereits in der Weiterbildung tätige Personen wird ein Studiengang „Weiterbildendes Studium Weiterbildung„ bzw. ein „Kontaktstudium Weiterbildung“ angeboten. […] Zu den Berufschancen von Absolventen der pädagogischen Fakultäten in der Erwachsenenbildung äußert Tietgens sich kritisch. Er gibt zu bedenken, daß fehlende fachliche Kompetenz in einem Bereich außerhalb der Pädagogik (z. B. Wirtschaft, Technik, Kunst, Literatur) und fehlende Lehr- und Vortragserfahrung von Berufsanfängern die Chancen auf eine Anstellung im Weiterbildungsbereich schmälern. Wennemann 1999 S.86

  1. Arbeitsgemeinschaft

Die Arbeitsgemeinschaft, auch als Arbeitskreis oder Gesprächskreis bezeichnet, ist durch starke Mitbestimmung und -gestaltung der Teilnehmerinnen und durch inhaltliche und methodische Flexibilität und Offenheit gekennzeichnet. Die Themen von Arbeitsgemeinschaften sind vielfältig und können im Bereich von Kunst, Literatur, politischer Bildung aber auch im musisch-kreativen Bereich liegen.

  1. Vortrag/Vortragsreihe

Vortrag und Vortragsreihen, dienen der kompakten Informationsvermittlung. Methodisch lassen sich drei Formen unterscheiden:

  • der Einzelvortrag
  • eine Folge von Vorträgen eines Referenten
  • eine Reihe von Vorträgen mehrerer Referentinnen zu einem Rahmenthema

In der Statistik werden diese Veranstaltungsformen als Einzelveranstaltungen bezeichnet.

  1. Seminare: Seminare, als ein- oder mehrtägige Veranstaltungen oft mit gemeinsamer Unterbringung organisiert, ermöglichen ein systematisches und kontinuierliches Arbeiten der Teilnehmerinnen, z. B. bei Bildungsurlaubsseminaren.

Wennemann 1999

Wennemann 1999

Wennemann 1999

Das Staatsmodell des Föderalismus (Bundesstaat) bedingt in der Bundesrepublik Deutschland, dass die Zuständigkeiten und Aufgaben bei Gesetzgebung und Verwaltung zwischen dem Bund und den Ländern verteilt sind. Ihre Zuständigkeit auf dem Gebiet der Kultur (Kulturhoheit) — und damit auch der Bildung — haben die meisten Bundesländ& durch Weiterbildungsgesetze ausgefüllt, die die allgemeine Weiterbildung regeln. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 9

Defizite bestehen etwa in der Hinsicht, dass Weiterbildung durch eine Unübersichtlichkeit und Intransparenz der Anbieter und Angebote gekennzeichnet ist. Zudem wirkt Weiterbildung sozial selektiv: Bildungsangebote erreichen vorwiegend Menschen mit höherem sozialen Status und höherer Formalbildung. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 10

Die Kontroversen betreffen immer noch primär die Debatte um staatliche Steuerung versus marktförmige Regulierung: Soll der Staat im Sinne einer modellhaft gedachten Marktwirtschaft grundsätzlich nicht eingreifen (z. B. finanzielle Förderung von Angeboten) und ausschließlich einige Rahmenbedingungen absichern (z. B. Qualitätsstandards)? Verpflichtet das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip nicht zu weitreichenden staatlichen Interventionen, um soziale Gerechtigkeit und gleiche Lebenschancen zu sichern? Wie weit sollte dann der Staat eingreifen? Und in welchem Maß kann er angesichts finanzieller Schwierigkeiten überhaupt tätig werden? Damit hängen die Fragen nach der Verantwortungsverteilung zwischen dem Staat, den Unternehmen und den Lernenden sowie nach der Aufbringung von Ressourcen, also „Lernzeiten“ und „Lerngeldern„ zusammen. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 10

In Anbetracht der Probleme und Defizite des Lernbereichs Weiterbildung ist es die Aufgabe von Weiterbildungspolitik, die negativen Konsequenzen eben dieser zu begrenzen, um den wachsenden Lerninteressen und -notwendigkeiten angemessen begegnen zu können. Allerdings ist der Weiterbildungsbereich durch eine weitgehende Politikzurückhaltung gekennzeichnet. Politische, juristische und besonders finanzielle Umsetzungsbemühungen sind schwach geblieben, was angesichts der weitreichenden programmatischen Entwürfe im Kontext der Formel vom „lebenslangen Lernen“ verwundern mag. Finanzielle Zuschüsse und Zuwendungen werden zurückgefahren. Initiativen, die eine einheitliche rechtliche Rahmenordnung für Weiterbildung zu verwirklichen versuchen, werden nicht aufgegriffen. Diese Zurückhaltung könnte fatale negative Konsequenzen nach sich ziehen sowohl für die Realisierung von individuellen Lerninteressen und -notwendigkeiten als auch für die nachweisbare Leistungserbringung von Weiterbildung für andere, „härtere„ Politikfelder wie Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik oder Technologieentwicklung. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 10

Doch wird das alltägliche berufliche Handeln durch die strukturellen und institutionellen Prämissen beeinflusst, die durch rechtliche Regelungen, Interessenkonstellationen und Machtverhältnisse gegeben sind. Eine Auseinandersetzung mit rechtlichen und politischen Fragen trägt also dazu bei, sich des eigenen Handlungsrahmens zu vergewissern. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 11

Die bestehende Weiterbildungssituation wird in vielerlei Hinsicht kritisiert. So macht es die existierende Vielzahl von Anbietern und Angeboten und deren Vielfalt den Weiterbildungsinteressierten schwer, ein Mindestmaß an Übersicht zu gewinnen, um „ihren“ Weg und Ort in diesem System zu finden. Angesichts dieser Unübersichtlichkeit und einer daraus resultierenden Intransparenz bleiben „passende„ bzw. überhaupt vorhandene Weiterbildungsmöglichkeiten teilweise ungenutzt. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 14

Erschwerend kommt hinzu, dass das System von Weiterbildungsinformation und -beratung wenig ausgebaut ist. Auch wenn also ein breiter Konsens darüber besteht, dass lebenslanges Lernen immer notwendiger wird, fehlen angemessene Strukturen in der Weiterbildung, um den wachsenden Lerninteressen und -notwendigkeiten zu begegnen. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 14

Weiterbildung hat in den letzten Jahrzehnten enorm expandiert. Sie hat sich zu einem eigenständigen, zunehmend wichtiger werdenden Teil des Bildungssystems entwickelt. Während noch in den 1960er Jahren die Notwendigkeit und der Stellenwert dieses Lernbereichs vielfach infrage gestellt wurden, hat sich die Erwartungshaltung vor allem im beruflichen Bereich umgekehrt. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 14

Bis in die 1970er Jahre trug Erwachsenenbildung viele Merkmale des Sporadischen und Zufälligen. Teilnahmezahlen, Institutionen, Ressourcen und Personalwaren im Vergleich zum Entwicklungsniveau von Schule und Hochschule fast vernachlässigbare Randphänomene. Dies hat sich entschieden geändert. Zwar ist die Weiterbildung in den 1970er bis 1990er Jahren keineswegs so stark gewachsen, wie es zunächst vermutet und postuliert worden war. Langfristig ist aber in der Bundesrepublik Deutschland ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen. So stieg z. B. die Teilnahme an Weiterbildung laut der alle drei Jahre durchgeführten Repräsentativbefragung von Infratest Sozialforschung zur Weiterbildungssituation in Deutschland (Berichtssystem Weiterbildung— BSW) von zunächst 23 Prozent der 16 bis 64-Jährigen im ersten Erhebungsjahr 1979, auf den Höchststand von 48 Prozent in 1997 und liegt mittlerweile bei 41 Prozent im Jahr 2003 (vgl. BMBF 2006). Faulstich/Haberzeth 2007 S. 15

Mit den rechtlichen Regelungen zur Weiterbildung werden u. a. auch Rahmenbedingungen für die Teilnahme geschaffen. Rechtsansprüche in der Weiterbildung bleiben aber folgenlos, wenn den Individuen keine Ressourcen, vor allem keine Zeit und kein Geld zur Verfügung stehen, um ihre rechtlichen Ansprüche zu verwirklichen. Von daher muss neben der juristischen Rahmung und Absicherung eine ressourcielle Förderung durch den Staat treten. „Lernzeiten“ und „Lerngelder„ werden damit zu entscheidenden Fragen der Weiterbildungsbeteiligung (vgl. Kap. 7). Faulstich/Haberzeth 2007 S. 23

Es ist — wie gesagt — die Aufgabe der Politik, Probleme und Defizite des Weiterbildungssystems zu begrenzen, um den wachsenden Lerninteressen und -notwendigkeiten angemessen zu begegnen. Allerdings ist Politik für die Weiterbildung gekennzeichnet durch ein Auseinanderklaffen von Anspruch und Realität. Zwar gibt es schon über Jahrzehnte hinweg von nahezu allen politischen Akteuren weitreichende programmatische Entwürfe besonders im Kontext der Formel vom „lebenslangen Lernen“ und auch die reale Entwicklung der Weiterbildung ist langfristig durch eine erhebliche Expansion und steigende Relevanz gekennzeichnet. Dennoch sind politische, juristische und besonders finanzielle Umsetzungsbemühungen bislang schwach geblieben — so dass von einer Politikzurückhaltung oder einem Politikverzicht gesprochen werden kann. Dies hat jedoch deutlich negative Folgen sowohl für die Realisierung von individuellen Lerninteressen und -notwendigkeiten als auch für den nachweisbaren Nutzen von Weiterbildung für andere, „härtere„ Politikfelder wie Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, Umweltpolitik oder Technologieentwicklung. Von daher wäre es für die politischen Akteure naheliegend, auf diese Leistungen hinzuweisen und Strategien anzuwenden, die ihr eigenes Vorgehen und ihre Folgen thematisieren und mitbedenken. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 23

Die skizzierten Leistungs- und Strukturdefizite sind kennzeichnend für das erreichte Zwischenstadium in einem Prozess, in dem sich Weiterbildung als besonderes Teilsystem im Gesamtbildungssystem herausbildet. Diese besondere Gestalt bzw. Verfasstheit der Weiterbildung lässt sich als „mittlere Systematisierung“ beschreiben (vgl. Faulstichfreichler/Bojanowski u. a. 1991). Gemeint ist damit: Mit der Verlagerung von Lernaktivitäten aus primären gesellschaftlichen Institutionen wie Betrieben und Familien unterscheidet sich das Lernen Erwachsener gegenüber anderen gesellschaftlichen Tätigkeiten, und es entsteht ein spezifisches Teilsystem der Bildung für Erwachsene. Dieses System ist allerdings nicht in einer solch hochgradigen Weise strukturiert wie Schule und Hochschule z. B. • in Bezug auf die Festlegung von Lehrinhalten und -zielen, • der Neutralität gegenüber -gesellschaftspolitischen Teilinteressen oder • einer Distanz von Lernen und Praxis, Es weist allenfalls einen „mittleren„ Grad der Strukturiertheit auf. So wurde der Weiterbildungsbereich zwar inzwischen ansatzweise rechtlich erschlossen, es gibt aber kein einheitliches Weiterbildungsrecht, so wie es bspw. für den Ausbildungsbereich ein Berufsbildungsrecht des Bundes gibt. Dieser vergleichsweise geringe Grad der Systematisierung in z. B. juristischer, finanzieller, curricularer und auch personeller Hinsicht ist wiederum mitverantwortlich dafür, dass Weiterbildung besonders flexibel und schnell auf die sich wandelnden Lerninteressen und -bedarfe reagieren kann. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 25

Um die Leistungen der Weiterbildung für Individuum und Gesellschaft dauerhaft zu sichern und auszubauen, sind reflexive Strategien zu entwickeln, also Strategien, die ihr eigenes Vorgehen und ihre Folgen thematisieren und mitbedenken, um den Systematisierungsgrad weiter zu erhöhen, ohne allerdings ihre besondere Flexibilität zu gefährden. Auftretende Probleme können jedoch weder automatisch durch eine marktmäßige Regulierung noch direkt durch staatliche Steuerung gelöst werden. Vielmehr geht es um eine Stabilisierung und Weiterentwicklung eines Niveaus „mittlerer Systematisierung“, welches in einer Mittellage liegt zwischen einer im Kern marktmäßig regulierten Ökonomie und dem Sozialstaatsprinzip, also dem staatlichen Auftrag, soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten (vgl. Kap. 3.1). Hier stellen sich Aufgaben in öffentlicher Verantwortung (vgl. Kap. 3.2) für die Weiterbildung in unterschied-

lichen Gestaltungsbereichen (vgl. Kap. 3.3). Politische Akteure sind vor allem die Instanzen des politischen Systems — Regierungen, Verwaltungen und Parlamente —, die Parteien sowie die großen gesellschaftlichen Interessengruppen und Verbände. Eine Durchsicht der politischen Verlautbarung von Bund und Ländern zeigt, dass eher ein Rückzug aus öffentlicher Verantwortung feststellbar ist (vgl. Kap. 3.4). Faulstich/Haberzeth 2007 S. 25f

Darüber hinaus soll mit dem Begriff der „mittleren Systematisierung„ auch zum Ausdruck gebracht werden, dass Weiterbildung auch auf Dauer nicht das Maß von Systematisierung erhalten soll, wie sich dies im Bereich der Schulen und Hochschulen entwickelt hat. Die institutionelle und curriculare d. h. die Möglichkeit unterschiedliche Interessen von Staat und Individuum aufzunehmen (aktuelle Beispiele: Integrationskurse, VHS-Kurse zur sogenannten Riester-Rente) etc. soll erhalten bleiben. Betrachtet man allerdings noch einmal die Strukturdefizite und Lücken des Lernbereichs Weiterbildung, so ist dennoch eine stärkere Systematisierung der Weiterbildung anzustreben, um ihre unabweisbaren Leistungen für Individuum und Gesellschaft dauerhaft zu sichern. Dabei geht es — wie im nächsten Kapitel zu zeigen sein wird — um einen Grad der Systematisierung in der Mittellage zwischen einer im Kern marktmäßig regulierten Ökonomie und dem Sozialstaatsprinzip, also dem staatlichen Auftrag, soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 27

Derzeit wird die Weiterbildung im Rahmen von Deregulationsstrategien zunehmend marktförmig strukturiert. Die gerade in der Weiterbildung verbreiteten Stichworte „mehr Markt — weniger Staat“, „Privatisierung„ oder „Kommerzialisierung“ signalisieren eine solche Tendenz. Dabei ist schon mit Blick auf die Teilnehmenden eine ausschließlich nach Marktkriterien funktionierende Regulation des Gesamtbereichs Weiterbildung kaum realistisch. Der wesentliche Grund dafür ist, dass Weiterbildung wie Bildung kein „normales„ Gut ist wie etwa ein Fernsehapparat. Grundsätzlich ist es möglich, vor dem Kauf eines Fernsehapparats den zu erwartenden Nutzen und die Qualität einzuschätzen. Nach einer Anschaffung stellt sich in der Regel der erwartete Nutzen auch unmittelbar ein. Bildung hingegen ist kein in diesem Sinn „abgeschlossenes“ Gut (vgl. Nagel 2002, S. 243). Es ist mit einer hohen Unsicherheit behaftet.

Zunächst haben die Teilnehmenden selbst einen unverzichtbaren Anteil am Gelingen von Bildung; Lernen kann man schließlich nur selbst. So stellt sich auch der Erfolg einer Bildungsmaßnahme in der Regel nicht unmittelbar nach ')schluss der Maßnahme ein. Und inwieweit sich eine Investition in Bildung ich langfristig tatsächlich lohnt, ob sie also den erwarteten Nutzen hat, ist [um zu berechnen.

icht zurechenbare Erträge und Kosten und unabsehbare externe Effekte (z. B. eränderungen der Arbeitsanforderungen) könnten zu problematischen Defiziten ihren (vgl. Kap. 2.1) wie z. B. dazu, dass Weiterbildung zu wenig nachgefragt '1 rd, weil der Nutzen nicht abgeschätzt werden kann, oder dass ausschließlich urzfristig verwertbares Spezialwissen nachgefragt wird. Resultat einer rein larktmäßigen Regulierung wäre eine strukturell bedingte Unterinvestition in die Veiterbildung. Die dadurch bedingten Lücken im Weiterbildungssystem können ,eradezu als Paradebeispiel für Marktversagen herangezogen werden. Jnter Nutzenaspekten ist Weiterbildung insofern kollektives Gut, als Nutznießer licht nur unmittelbar die Teilnehmenden, sondern ebenso die Unternehmen ind die Gesellschaft sein können. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 28f

Als Konsequenz aus dem Marktversagen nun zu fordern, dass der Staat überall ordnend, kontrollierend und steuernd eingreifen müsse, wäre nicht zielführend. Auch staatliche Eingriffe sind keineswegs Allheilmittel. Der Weiterbildungsbe - reich ist auch ein Paradebeispiel für eine bezogen auf die Verarbeitungskapazität staatlicher Politik bestehende Überkomplexität der spezifischen Möglichkeitsund Machbarkeitshorizonte. Notwendig kommt es zu Steuerungsdefiziten, die zum Beispiel verursacht sind durch unzureichende Information und daraus resultierendem fehlenden Sachverstand, durch die Ungeklärtheit der Zuständigkeiten, durch den Ressortegoismus der beteiligten Verwaltungen und durch die Ebenenverflechtungen der Europa-, Bundes-, Länder- und Kommunalbehörden. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 29f

Für die Weiterbildung wurden Marktbeschränktheit und Nichtstaatlichkeit mit dem Begriff der öffentlichen Verantwortung aufgelöst, der vom Deutschen Bildungsrat im Jahr 1970 explizit eingeführt wurde:

„Die Verwirklichung der bildungsbezogenen Grundrechte im Sozialstaat kann nicht den jeweiligen freien Bildungsangeboten überlassen bleiben. Deshalb besteht eine öffentliche Verantwortung für das gesamte Bildungswesen unabhängig von der öffentlichen oder privaten Trägerschaft„ (Deutscher Bildungsrat 1970, S. 260).

Damit wurde ein Begriff in die Diskussion über die institutionelle und organisatorische Basis des Weiterbildungssystems eingeführt, welcher der juristischen Deutungssphäre zunächst als fremd, unscharf und relativ erscheinen musste

(vgl. Bocklet 1975). Es geht um die Anerkennung der Erwachsenenbildung als öffentliche, also nicht ausschließlich private, aber auch nicht unmittelbar staatliche Aufgabe (vgl. Brinckmann/Grimrner 1974, S. 73). […] 20 Jahre später schlussfolgert Ingo Richter: „Öffentliche Verantwortung soll heißen, daß bestimmte gesellschaftliche Prozesse …, nicht dem Belieben der Individuen, der Familien und sonstigen Primärgruppen überlassen bleibt, also der privaten Sphäre, sondern in gesellschaftlich organisierten Verfahren, also in einer öffentlichen Sphäre, verantwortet wird“ (Richter 1994, S. 1). Faulstich/Haberzeth 2007 S.31f

Faulstich/Haberzeth 2007 S. 9

Welche gesellschaftlichen Aktivitäten der privaten und welche der öffentlichen Sphäre zuzuordnen sind, ist keine feststehende Größe, sondern immer wieder neu auszuhandeln. Öffentliche Verantwortung für die Weiterbildung kann — wie sich unten zeigen wird — z. B. bedeuten,

  • verbindliche rechtliche Regelungen zu erlassen,
  • Angebote finanziell zu fördern, die ohne öffentliche Hilfen nicht gesichert

wären, oder

  • Sorge für Mindeststandards der Qualität zu tragen.

Es schieben sich intermediäre Institutionen zwischen Markt und Staat: In der neueren Regulationstheorie sind Netzwerke als dritte Form „gesellschaftlich organisierter Verfahren durch Kooperation neben die traditionellen Mechanismen von staatlicher Macht und marktmäßigem Austausch„ getreten (vgl. Faulstich/Zeuner 2000). Netzwerke erscheinen als eine Möglichkeit der Gestaltung gesellschaftlicher Ordnung angesichts einer Vielfalt von Möglichkeiten: Als Regulationsmechanismus wird dabei weder auf egoistische Kalküle in Marktbeziehungen noch auf verinnerlichte Wertbezüge sozialer Normen abgestellt, sondern auf gemeinschaftsbildende Handlungsformen wie Bekanntheit, Vertrauen und geteilten kulturellen Kontext gesetzt. Die Logik der Netzwerke ist die von Aushandlung und Kompromiss. Allerdings kann es angesichts der Problemkomplexität im Weiterbildungsbereich auch zu einer Anspruchsüberlastung kommen: Abstimmungsbedarf einer großen Zahl von Akteuren, daraus resultierend steigender Zeitbedarf, fehlende Kontinuität, wachsende Koordinationsprobleme, zunehmender Verhandlungsaufwand, Fortbestehen von Macht und Hierarchie, Leugnen oder Verschieben von Konflikten u. a. können nach Marktversagen und Staatsversagen zu „Netzwerkversagen“ führen. Die Grundmerkmale von Politik — Macht und Herrschaft, Interessen und Konflikte — sind keineswegs aufgehoben, sondern nur verlagert. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 32f

Der Staat ist ein Agent, um öffentliche Verantwortung zu verwirklichen. Allerdings heißt öffentliche Verantwortung keineswegs sofort staatliche Trägerschaft oder staatlicher Mitteleinsatz. Neben dem Staat als dem Hauptträger öffentlicher Verantwortung soll hier insbesondere auf die großen gesellschaftlichen Interessengruppen und Verbände wie Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Kirchen sowie die berufsständischen Körperschaften (Kammern), die Aufgaben der berufsständischen Selbstverwaltung wahrnehmen (z. B. Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer), hingewiesen werden. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 33

Als Gestaltungsbereiche in öffentlicher Verantwortung sind vor allem zu nennen (vgl. Faulstich 2002): Juristische Rahmensetzung und Absicherung: Durch rechtliche Regelungen müssen die Handlungsspielräume der Akteure in der Weiterbil- dung definiert werden. Betroffen sind vor allem Zugangsmöglichkeiten, Berechtigungen durch Zertifizierung und Lernzeitansprüche. Strittig ist dabei, ob entsprechende Konzepte nur Rahmenbedingungen setzen und einer Aufsichtspflicht genügen, oder ob sie auch gestalterisch in Richtung auf eine curriculare und institutionelle Integration einwirken sollen. Finanzielle Förderung: Wenn Weiterbildung als kollektives Gut begriffen wird, gibt es ein Gemeinwohlinteresse, das den Einsatz öffentlicher Mittel in dem Bereich rechtfertigt. Zudem muss gerade dann, wenn Weiterbildung zur Voraussetzung gesellschaftlicher Teilhabe wird, die Finanzierung gesichert werden, um Zugang zu gewährleisten. Strittig ist dabei, inwieweit Weiterbildungsangebote privat und inwieweit sie öffentlich zu finanzieren sind. Infrastrukturelle Unterstützung: Weitgehender Konsens besteht darüber, dass es notwendig ist, über die unmittelbare Angebotsbereitstellung hinaus unterstützende Supportstrukturen (vgl. Faulstich/Faulstich-Wieland/ Nuissl u. a. 1992) zu fördern, welche Entscheidungsträgern, Trägern und Einrichtungen, Lehrenden und Teilnehmenden zugute kommen. Strittig ist, ob es nur darum geht, die Transparenz eines als funktionierend unterstellten Marktes zu erhöhen, oder ob dabei auch Entwicklungsarbeiten in Richtung auf einen höheren Systematisierungsgrad erfolgen können. Institutionelle Gewährleistung: Gerade auch angesichts der bestehenden Angebotslücken (vgl. Kap. 2.1) und bestehender Teilhaberrechte besteht öffentliche VeraRtwortung auch darin, Grundstrukturen eines zugänglichen Weiterbildungssystems zu sichern. Strittig bleibt, inwieweit auch staatliche Trägerschaft dafür zu sorgen hat, dass ein „Grundangebot„ gesichert wird. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 33f

Aus einer solchen Sicht bleibt staatliches Handeln auch in der Weiterbildung weiter steuernd, kann aber nicht riskieren, durch globalen Mitteleinsatz und umfassende Ordnungsvorstellungen in die Schwierigkeit manövriert zu werden, alles bezahlen und verantworten zu sollen. Dies bedeutet nicht einen Rückzug aus öffentlicher Verantwortung, sondern eine Form zu finden, die den Anforderungen des besonderen Bereichs Weiterbildung gerecht wird. Eine solche Form besteht in einer eher indirekten Politik, der es weniger um direkte, instrumentelle Eingriffe in die Weiterbildung geht (z. B. einzelne Seminare oder Programme zu finanzieren, Gebühren durch Zuschüsse zu reduzieren oder vollständig zu übernehmen). Vielmehr geht es darum, die Rahmenbedingungen von Weiterbildung zu verbessern, um Weiterbildungsteilhabe sicherzustellen und individuelle Entfaltung durch Bildung zu ermöglichen, so z. B. durch die Festlegung von Lernzeitansprüchen, die Bereitstellung von Kinderbetreuungsangeboten, die Sicherung von Qualitätsstandards etc. Für eine solche Politik kommt es darauf an, öffentliche Formen der Diskussion anzustoßen und Strukturen für die Herstellung und Sicherung kollektiver Güter, wie dies die Weiterbildung zumindest teilweise ist, zu etablieren. Dies kann sich auf die vier oben genannten Gestaltungsbereiche beziehen.

Wenn diese Gestaltungsbereiche hervorgehoben werden, muss gleichzeitig vor Machbarkeitsillusionen gewarnt werden. Linearitätsmodelle von gesellschaftlicher Entwicklung gestützt auf Fortschrittsgläubigkeit, die in der Weiterbildung z. B. zur stärkeren Strukturierung des Partialsystems tendieren würden, werden konterkariert durch gegenläufige Prozesse von Deinstitutionalisierung. Erwachsenenbildung wandert aus den Bildungsinstitutionen aus und privatisiert sich zunehmend in Formen von „Selbstlernen“. Interventionsstrategien, die sich an einer einfachen Ziel-Mittel-Relation orientierten, brechen an der Komplexität sozialer Systeme und erzeugen kontraintendierte Effekte. Politische Illusionen — man könne z. B. eine verbesserte Attraktivität der Lernangebote erzwingen — und der didaktische Lehr-Lern-Kurzschluss — was gelehrt wird, wird auch gelernt — müssen aufgegeben werden. Faulstich/Haberzeth 2007 S. 34f

Die Beschlusslagen zur Weiterbildung von Unternehmerverbänden einerseits und Gewerkschaften andererseits spiegeln die ordnungspolitischen Grundmuster von marktförmiger Steuerung einerseits und staatlicher Regulierung andererseits wider. Oder anders: „Mehr Markt in der Weiterbildung„ versus „Bildung ist keine Ware“ Faulstich/Haberzeth 2007 S. 40

Faulstich/Haberzeth 2007 S. 9

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