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ePortfolios in der Schreibdidaktik

Hallo!

Mein Name ist Benjamin Bettinger (mehr über mich erfahrt ihr in meiner [Biographie]). Ich bin gerade dabei, eine wissenschaftliche Hausarbeit über das Thema ePortfolios zu schreiben, und diese Website soll dazu dienen, meinen Lern- und Schreibprozess zu diesem Thema festzuhalten und für andere nachvollziehbar zu machen - mit anderen Worten: ich lege gerade ein ePortfolio über meinen Lernprozess zum Thema ePortfolios an!

Leider konnte ich den Lernprozess nicht ganz von Anfang an direkt in einem ePortfolio dokumentieren, denn dazu waren zunächst zweierlei Rechercheschritte notwendig:

  1. musste ich herausfinden, was genau ePortfolios eigentlich sind, welche Funktionen sie erfüllen (sollen), und nach welchen Kriterien man sie beurteilen kann. Meine vorläufigen Ergebnisse dazu habe ich hier zusammengefasst.
  2. musste ich danach unterschiedlichste Software ausprobieren und bewerten, um eine geeignete Software zu finden, die sowohl die in der Literatur geforderten Funktionen erfüllen kann, als auch meiner eigenen Arbeitsweise entspricht bzw. entgegenkommt. Ich habe mich - nachdem ich mich 1 Woche lang mit Mahara rumgequält habe (einen Erfahrungsbericht findet ihr hier), letztlich doch für Crabgrass entschieden, weil es bedeutend einfacher zu bedienen ist. Welche Software ich sonst noch ausprobiert habe, wie ich diese bewerte, und warum ich mich letztlich für Crabgrass entschieden habe, kann mensch hier nachlesen.

Auf Grundlage dieser Rechercheschritte sollen später auch das zweite bzw. das dritte Kapitel meiner wissenschaftlichen Hausarbeit entstehen. Doch nun zum generellen Aufbau der Hausarbeit:

Im Folgenden gebe ich euch einen Überblick über den geplanten Aufbau meiner Hausarbeit mitsamt jeweils drei Leitfragen, die konkretisieren sollen, welche Fragen im jeweiligen Kapitel beantwortet werden sollen.

1.Kapitel: Einleitung: Warum ePortfolio statt Hausarbeit

Leitfragen


  • Warum sollte man über den Einsatz von ePortfolios in der Schreibdidaktik nachdenken?
  • Welche Probleme könnte der Einsatz von ePortfolios lösen?
  • Listenpunkt Welche Funktion hat eine wissenschaftliche Hausarbeit?

Die Betreuungssituation an deutschen Hochschulen ist schlecht. Gerade in den geisteswissenschaftlichen Fächern kommt es nicht selten vor, dass ein Dozent mehr als insgesamt 100 Studierende pro Semester in seinen angebotenen Kursen betreuen muss. [1] Es ist für den einzelnen Dozenten gar nicht möglich, eine solch hohe Anzahl von Studierenden mit ausreichend Einzelberatungszeiten zu versorgen. So bleiben die meisten Hausarbeiten der Studierenden beinahe zwangsweise ohne ausreichende Betreuung, die einzigen Rückmeldungen des Dozenten bleiben häufig das Zielvereinbarungsgespräch am Anfang einer Hausarbeit und die Aushändigung eines Leistungsnachweises mit (optionaler) mündlicher Besprechung zur Rechtfertigung der Note.

Zu mehr als dem fehlt den Dozierenden, die zu großen Teilen in prekären Arbeitsverhältnissen und Zeitarbeitsverträgen arbeiten,[2] auch die Zeit. [3] Die Zahl der Studierenden wird sich in den nächsten Jahren durch den Aufschwemmungseffekt des doppelten Abiturjahrgangs [4] und das Wegfallen von Studiengebühren noch verstärken. Es ist bisher nicht abzusehen, dass von politischer Seite aus eine finanzielle „Großoffensive“ gestartet wird, um an den Universitäten massenhaft neue Stellen zu schaffen, um die Betreuungssituation zu verbessern. [5]

Gleichzeitig wird das universitäre System durch die Entwicklung des Internets auf dem Gebiet der Informationstechnologie vor die Herausforderung gestellt, neue Möglichkeiten der Kommunikation sowie der Informationsproduktion und -Verbreitung für seine Zwecke nutzbar zu machen. Die Lehre mithilfe neuer Informationstechnologien wie dem Internet wird in der Forschungsliteratur unter dem Begriff des „[eLearning → http://de.wikipedia.org/wiki/E-Learning]“ zusammengefasst. Das ePortfolio ist ein „Werkzeug“ von vielen, zum Teil kombinierbaren Werkzeugen, Methoden und Arbeitsumgebungen innerhalb dieses weit gefächerten Bereichs. [6] Um den Rahmen dieser Hausarbeit nicht zu sprengen, werde ich mich auf einen kleinen Ausschnitt daraus beschränken: „*Chancen durch* und *Hindernisse für* die universitäre Schreibdidaktik durch den Einsatz von ePortfolios“

Das ePortfolio als "Hausarbeit 2.0"

Eine wissenschaftliche Hausarbeit hat aus meiner Sicht erst dann einen didaktischen Sinn, wenn sie den Dialog, den Austausch zwischen Dozent und einzelnem Studierenden fördert und befördert [7], denn eine wissenschaftliche Hausarbeit hat den Zweck, den Studierenden die wissenschaftliche Methode, also das Argumentieren und Kritisieren auf wissenschaftlicher Basis und anhand wissenschaftlicher Kriterien, nahezubringen und sie in die wissenschaftliche Textproduktion umzusetzen. Diese Methode kann aus meiner Sicht jedoch nicht im „Schattenkampf“ erlernt werden, also indem die Studierenden sich während des Schreibvorgangs immer wieder fragen „was könnte für den Leser (den Dozenten) interessant, irrelevant, unklar, unlogisch, missverständlich sein?“. Sie brauchen einen möglichst direkten, aktiven Dialog über den ganzen Arbeitsprozess hinweg, nicht nur zu Beginn und zum Ende des Arbeitsprozesses. *x* Dieser ausgiebige Dialog ist in der jetzigen Betreuungssituation mit der herkömmlichen Herangehensweise nicht mehr herstellbar, weil Dozenten nicht ausreichend viele (langwierige) persönliche Beratungsgespräche führen können. Deswegen bin ich der Meinung, dass wissenschaftliche Hausarbeiten in ihrer jetzigen Form unter den gegebenen Umständen ihren didaktischen Sinn häufig verfehlen.

Ich denke jedoch, dass ePortfolios ein Werkzeug sein können, um einen präzisen, problembezogenen (und damit zeitsparenden) Dialog zwischen Dozenten und Studierenden mittels ihrer wissenschaftlichen Hausarbeiten zu fördern und damit dazu beitragen können, Hausarbeiten ihren didaktischen Sinn zurückzugeben. Welche Vorteile ich durch die Nutzung von ePortfolios für Studierende und Dozenten sehe, stelle ich euch in [Kapitel 4 → https://we.riseup.net/bildung/einsatzöglichkeiten-von-eportfolios-in-der-schre] vor.

Vorher jedoch möchte ich in [Kapitel 2 → https://we.riseup.net/bildung/was-ist-ein-eportfolio] vorstellen, was genau eigentlich ein (e)Portfolio ist, damit ihr ein genaueres Bild davon habt, worüber wir reden, und werde euch in [Kapitel 3 → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/eportfolio-geeignete-software] ausgewählte Beispiele für ePortfolio-geeignete Software geben, damit ihr sie - wenn ich euer Interesse geweckt habe - gleich ausprobieren könnt.

Abschließend möchte ich in [Kapitel 5 → https://we.riseup.net/bildung/möglichkeiten-und-hindernisse-des-einsatzes-von-e] die didaktischen Möglichkeiten sowie die strukturellen Hindernisse für den Einsatz von ePortfolios zusammenfassen, die aus meiner Sicht bestehen.

Fußnoten:


fn1. Beleg fehlt: am besten Statistik über Betreuungsrelationen an der RUB in den Geisteswissenschaften, aber wie komm ich da ran?

fn2. Statistik über Anteil der mit Lehre beschäftigten (insbesondere wissenschaftlicher Mittelbau) mit Zeitverträgen → Betriebsrat der RUB?

fn3. Denn neben der Betreuung der Studierenden sollen sie diverse verwaltungstechnische Aufgaben der Fakultät erledigen, die zu betreuenden Seminare vorbereiten und währenddessen durch publizierfähige Forschungstätigkeit (Zeitschriftenartikel, Monographien) die eigene Forschungskarriere vorantreiben. Denn wenn man als Postgraduierter, also als Wissenschaftler mit Master-Abschluss oder höher, nicht innerhalb bestimmter „Fristen“ eine gewisse Reputation als Wissenschaftler erworben hat (durch Veröffentlichungen, Teilnahme an „Endrunden“ bei Berufungsverfahren etc. oder Einwerbung von Drittmitteln) werden die Zeitarbeitsverträge nicht verlängert. (mehr dazu an anderer [Stelle → Post-Doc-prekär])

fn4. Quelle: [deutsches statistisches Bundesamt 2010 → https://www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/BildungForschungKultur/EinflussAbiturientenjahrgaenge.pdf?__blob=publicationFile]

fn5. Vgl. bspw.: [Beitrag in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2013 → http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de/veroeffentl/Monatshefte/PDF/Beitrag13_02_03.pdf]

fn6. für eine ausführliche Auseinandersetzung mit den verschiedenen Werkzeugen des eLearnings und deren Auswirkungen auf das Hochschulsystem vgl.: REINHART, C.J. (2008) Constructing the cafê university: teaching and learning on the digital frontier In: On the Horizon (wissenschaftliche Onlinezeitschrift)

fn7. zu meinem Rollenverständnis von Studierenden und Dozierenden an der Uni, vergleiche meine [Arbeit zu Paulo Freire]

Feedback-Fragen:


# Fehlt euch ein Einleitungssatz? # fehlt euch noch was? ist was unklar? # Fallen euch ne Überschrift und ne bessere Zwischenüberschrift ein? # zu kurz????

[zum nächsten Kapitel → https://we.riseup.net/bildung/was-ist-ein-eportfolio]

2. Kapitel: Was ist ein ePortfolio?

Leitfragen:


  • Was ist ein (e)Portfolio? Was sind “Artefakte”?
  • Welche Funktionen kann ein (e)Portfolio (im universitären Kontext) erfüllen?
  • Was bedeutet “prozessorientiertes Schreiben”?

Um zu erklären, was ein „ePortfolio“ ist, ist es zunächst sinnvoll, den Begriff „Portfolio“ zu erklären. Der Begriff bezeichnet eine Sammlung von Arbeitsproben, die einen Eindruck der Fähigkeiten des Erstellers geben sollen. Die einzelnen Arbeitsproben werden in der Fachsprache als „Artefakte“ bezeichnet.[1] Der Begriff „Artefakt“ kann jede mögliche Art von Arbeitsprobe bezeichnen: das Bild eines Malers, das Musikstück eines Musikers, den selbstgebauten Stuhl eines Tischlers. Da es in dieser Arbeit jedoch um schreibdidaktische Portfolios gehen wird, werden „Artefakte“ hier größtenteils Schreibproben und Textpassagen bezeichnen - das können Rohfassungen und Endfassungen eines Hausarbeitskapitels sein, die Einträge in einem Lerntagebuch, Schreibübungen oder sogar die unstrukturierten, chaotischen Notizen zu einem Rechercheschritt. Als Artefakte werden jedoch nicht nur selbsterstellte Texte bezeichnet, sondern auch verwendetes Material, beispielsweise Textpassagen aus zum Thema gelesener Literatur. Ein Portfolio ist jedoch nicht notwendigerweise die unsortierte Aneinanderreihung *aller* zu einem Thema geschriebenen Texte und aller gelesenen Literatur. Es ist vielmehr eine bewusste Zusammenstellung des Erstellers, die einem bestimmtem Zweck dienen soll[2].

Beispielsweise kann ein Portfolio dazu dienen, den eigenen Lernfortschritt im Laufe einer wissenschaftlichen Arbeit oder des gesamten Studiums festzuhalten und zu reflektieren, ohne dass das Portfolio jemals jemand anderem präsentiert wird. Ein Portfolio kann auch erstellt werden, um als Nachweis erbrachter Leistungen und Erkenntnisse zu dienen, das durch eine/n DozentIn bewertet und benotet werden kann, oder als Beigabe zu Bewerbungsunterlagen auf einen Job [3]. Sie können auch als Mittel in der Lehre eingesetzt werden, um alle relevanten Inhalte zu einem Thema darzustellen oder die von den Lernenden zu einem bestimmten Thema geschriebenen Texte als Diskussionsgrundlage vor dem Seminar zur Verfügung zu stellen[4].

Alle diese Einsatzmöglichkeiten umfassend zu behandeln, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Deshalb werde ich mich auf eine spezifische Art des Portfolios beschränken: das Portfolio als Lern- und Prüfungsinstrument zum Schreiben wissenschaftlicher Hausarbeiten in der Schreibdidaktik an Hochschulen.

Das Schreiben wissenschaftlicher Hausarbeiten wurde im deutschen Hochschulraum lange Zeit als etwas angesehen, für das man eine „Begabung“ haben muss, das man „von Natur aus“ kann oder eben nicht. Erst im vergangenen Jahrzehnt hat sich allmählich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das Verfassen wissenschaftlicher Texte keine unerlernbare Kunst, sondern eine Abfolge von klar benennbaren und erlernbaren Einzelschritten ist, die zusammen den wissenschaftlichen Schreibprozess bilden [5]. Deshalb ist ein Schlüsselbegriff der Hochschul-Schreibdidaktik das sogenannte „prozessorientierte Schreiben“, das darauf abzielt, den gesamten Schreibprozess in überschaubare und dadurch leichter zu bewältigende Einzelschritte zu zerlegen. [6] Dadurch soll es erleichtert werden, das wissenschaftliche Schreiben zu lehren bzw. zu erlernen. Das Portfolio kann als didaktisches Mittel dabei helfen, diese einzelnen Schritte des Prozesses abzubilden und bewertbar zu machen. (Auf diesen Aspekt werde ich in [Kapitel 4 → einsatzmöglichkeiten-von-eportfolios-in-der-schre] näher eingehen.)

Ein ePortfolio ist die Umsetzung papiergebundener Portfolios auf den Computer unter Zuhilfenahme von internetgestützter Software des sogenannten [Web2.0 → http://de.wikipedia.org/wiki/Web_2.0]. Welche spezifischen Vorteile ePortfolios gegenüber konventionellen Portfolios haben, werde ich anhand konkreter Softwarebeispiele im [nächsten Kapitel → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/eportfolio-geeignete-software] darstellen.

Fußnoten


fn1. Vgl. BRAHM, T. & SEUFERT, S. (2007) [Ne(x)t Generation Learning E–Assessment und e–Portfolio: halten sie, was sie versprechen? S.6ff → http://www.scil.unisg.ch/~/media/Internet/Content/Dateien/InstituteUndCenters/IWP-scil/Arbeitsberichte/scilAB-13.ashx]

fn2. vgl. für eine ausführliche Taxonomie zu ePortfolios: BAUMGARTNER, P. & HIMPSL, K. &ZAUCHNER, S. (2006) [Einsatz von E-Portfolios an (österreichischen) Hochschulen: Zusammenfassung → http://peter-baumgartner.at/baumgartner/plone/schriften/publications-de/pdfs/e-portfolio-projekt-zusammenfassung.pdf] S.3ff

fn3. Vgl. [Übersicht → http://www.e-teaching.org/lehrszenarien/pruefung/pruefungsform/eportfolio/ Portfolios] auf www.e-teaching.org

fn4. Praxisberichte dazu von einem Seminar an der RUB gibt es [hier → http://www.e-teaching.org/materialien/praxisberichte/Gossens%20Vertiefung%20eTeaching.pdf] und [hier → http://www.e-teaching.org/materialien/praxisberichte/Schwarzenberg_ePortfolio.pdf]([Quelle: www.e-teaching.orghttp://www.e-teaching.org/praxis/erfahrungsberichte/e-portfolio])

fn5. vgl. KRUSE, O. & RUHMANN, G. (2006) Prozessorientierte Schreibdidaktik: Eine Einführung. S.23ff in: KRUSE, O. & BERGER, K. & ULMI, M. (Hrsg.) (2006) Prozessorientierte Schreibdidaktik

fn6. ebd.

[zum vorhergehenden Kapitel → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/einleitung-warum-eportfolio-statt-hausarbeit] | [zum nächsten Kapitel → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/eportfolio-geeignete-software]

3. Kapitel: ausgewählte Beispiele ePortfolio-geeigneter Software

Leitfragen


  • Welche Funktionen und Eigenschaften sollte ePortfolio-Software für den Einsatz in der Schreibdidaktik haben?
  • Wie funktioniert ePortfolio-Software?
  • Welche Programme sind empfehlenswert?

Wie bereits im vorhergehenden Artikel beschrieben, ist ein ePortfolio in seiner weitesten Definition zunächst eine Sammlung von Artefakten, auf die mindestens der Ersteller zugreifen kann. Daher eignet sich fast jeder Online-Dienst, der es erlaubt, Dateien online abzuspeichern (z.B. [Dropbox → www.dropbox.com] oder [Google Drive → https://drive.google.com/‎]) auch in gewissem Maße als ePortfolio-Programm. Geht man jedoch davon aus, dass das ePortfolio nicht nur eine rein private Ansammlung von Daten werden soll, sondern die Zusammenarbeit mit anderen erleichtern soll - etwa die Möglichkeit eröffnen, Feedback und Hilfestellungen von Dozenten und [Kommilitonen → http://de.wikipedia.org/wiki/Kommilitone] zu erhalten - dann sollte man auf Software zurückgreifen, die extra auf die Zusammenarbeit im Internet ausgelegt ist. Solche Softwarelösungen werden in der Fachsprache [Groupware → http://de.wikipedia.org/wiki/Groupware] genannt. Der Markt für Groupware ist recht groß und unübersichtlich, einen Gesamtüberblick samt Bewertung über die zur Verfügung stehenden Software-Lösungen zu geben, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Zudem werden unter dem Überbegriff „Groupware“ Softwarelösungen mit sehr unterschiedlichen Zielgruppen und damit auch sehr unterschiedlichem Funktionsumfang zusammengefasst. Daher macht es Sinn, sich zunächst einmal bewusst zu machen, welche Funktionen für unsere Zielsetzung eines schreibdidaktischen ePortfolios am wichtigsten sind:

niedrige Zugangshürden ( sollte deshalb kostenfrei zugänglich sein → Open source)

Zunächst einmal sollte die Anmeldung zu dem System möglichst unkompliziert sein und möglichst kleine Zugangshürden bieten, damit auch Menschen, die nicht regelmäßig mit dem Internet umgehen, nicht davon abgeschreckt werden, es (z.B. zur Hilfe bei Korrekturen) zu benutzen. Daher war es für mich wichtig, dass der Zugang zum System kostenlos ist, möglichst wenige Angaben von persönlichen Daten erfordert und wenn möglich auch nicht durch Werbung finanziert wird (wie z.B. bei Facebook). Diese Vorgabe erfüllen in der Regel insbesondere [Open Source → http://de.wikipedia.org/wiki/Open_Source]-Programe. Deshalb habe ich mich bei meiner Recherche nur auf Open Source-Software beschränkt.

einfache Bedienung und Zugang zu den Funktionen: Kommentar, Korrektur, Versionsverlauf

Wie ich in [Kapitel 4 → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/eportfolios-in-der-schreibdidaktik] näher ausführen werde, sind für schreibdidaktische Zwecke die Funktionen „Kommentar“, „Korrektur“, und „Versionsverlauf“ die relevantesten Funktionen, die ePortfolio-Systeme bieten können. Auch hier sollte das Augenmerk also auf möglichst einfache Auffindbarkeit und Bedienung dieser Funktionen liegen.

einfaches Hochladen und zur Verfügung stellen von Dateien

Es sollte ggf. möglich sein, auch eigene Dateien hochzuladen und zur Verfügung zu stellen, zum Beispiel Offline erstellte Texte im *.doc-Format oder *.pdf Format hochzuladen, aber wenn möglich auch andere multimediale Inhalte ( Musik, Bilder, Film-Ausschnitte, Präsentationen etc.), um den Bedürfnissen von Material- und Kulturwissenschaften gerecht werden zu können. #einfaches Erstellen, Strukturieren und Verknüpfen von Texten und anderen „Artefakten“ Es sollte darüber hinaus zumindest für den Ersteller des ePortfolios relativ einfach erlernbar möglich sein, das eigene Lernmaterial und die eigenen Schreibprodukte zu erstellen, zu strukturieren, zu verknüpfen, um eine möglichst übersichtliche Materialsammlung zu erhalten.

einfache Zugangsregelung

Wie in [Kapitel 2 → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/was-ist-ein-eportfolio] schon erläutert, ist es wichtig, dass die/der Ersteller eines Portfolios selbst entscheiden kann, welche Arbeitsmaterialien und Artefakte sie/er anderen zum Bearbeiten und/oder Bewerten zur Verfügung stellen möchte. Deshalb müssen die Zugriffsrechte auf die Artefakte möglichst einfach bedienbar und abstufbar sein.[1]

Ich werde mich hier exemplarisch mit zwei Software-Lösungen auseinandersetzen, die diese von mir festgelegten Kriterien aus meiner Sicht gut erfüllen, und sie miteinander vergleichen:

  • zum einen [Mahara → https://mahara.org/‎], eine Software-Lösung, die explizit auf das Erstellen von ePortfolios ausgerichtet ist. Es gibt an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) auch schon einen eigenen [Server → https://www.el.rub.de/mahara/], auf dem Mahara momentan im Testbetrieb zugänglich ist. Der größte Vorteil von Mahara ist, dass es eine Schnittstelle zur an der RUB verwendeten eLearning-Plattform „Moodle“ hat und dadurch relativ einfach in die schon gewohnte Lernumgebung der Angehörigen der RUB integriert werden kann.
  • zum anderen [Crabgrass → http://crabgrass.riseuplabs.org/], eine Softwarelösung, die nicht explizit auf die Erstellung von ePortfolios ausgerichtet ist. Crapgrass wird vom „[Riseup Collective → https://help.riseup.net/de/about-us]“ entwickelt und betreut und ist gedacht als Werkzeug zur Kollaboration von (basisdemokratischen) Gruppen [2].

Beide Software-Lösungen sind sich vom Grundaufbau recht ähnlich. Man kann sie sich zunächst einmal vorstellen wie eine Mischung aus Online-Texteditor und Facebook. Mit Hilfe des Texteditors ist es möglich, direkt im Internet-Browser Texte zu erstellen und abzuspeichern. Bei Mahara werden die Texte in einem [Blog → http://de.wikipedia.org/wiki/Blog] abgelegt, bei Crabgrass wird eine neue [Wiki-Seite → http://de.wikipedia.org/wiki/Wiki] erstellt. (Zur Erinnerung: Die einzelne erstellte Seite wird im Fachterminus als „Artefakt“ bezeichnet). Auf jedes Artefakt kann man nun anderen Menschen Zugriff gewähren. Zum einen kann ich das Artefakt im Internet veröffentlichen, wodurch jeder Internet-Nutzer, der die entsprechende URL kennt, darauf zugreifen kann. Zum anderen kann ich - ähnlich wie bei Facebook - einzelnen Benutzern von Mahara bzw. Crabgrass den Zugriff auf das oder die erstellten Artefakte gewähren. Natürlich müssen sich die entsprechenden Personen dafür erst ein eigenes Benutzerkonto bei Mahara bzw. Crabgrass einrichten. Dieser Zugriff auf Artefakte kann in 3 Abstufungen gewährt werden:

  1. „nur lesen“: dem Benutzer werden nur Leserechte eingeräumt
  2. „Kommentare erlaubt“: der Benutzer kann zusätzlich unter dem Artefakt eigene Gedanken in den „Kommentaren“ ergänzen
  3. „voller Zugriff“: der Benutzer kann zusätzlich Änderungen am Artefakt vornehmen (beispielsweise selbst Textpassagen hinzufügen oder ändern)

Ebenfalls an „Facebook“ erinnert die Möglichkeit, andere Benutzer in „Gruppen“ einzuladen. „Gruppen“ sind hier als „Arbeitsgruppen“ gemeint. Alle Mitglieder einer Gruppe haben Zugriff auf alle Artefakte, die innerhalb dieser Gruppe veröffentlicht werden (auch dieser Zugriff kann nach obigem Schema begrenzt werden), können sehen, wer sonst noch Mitglied der Gruppe ist und mithilfe von Chat- und Forenfunktionen miteinander kommunizieren.

Wie gezeigt unterscheiden sich die beiden Programme gemessen am Funktionsumfang nicht wesentlich voneinander (und von allen anderen Groupware-Lösungen, die ich bisher kennengelernt habe). Bei gleichem Funktionsumfang ist die Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Programm deswegen letztlich eine Frage des „Geschmacks“ - welches Programm „fühlt“ sich besser an, sieht für meinen Geschmack besser aus, lässt sich leichter bedienen? Ich habe mich letztlich im direkten Vergleich gegen die Verwendung von Mahara und für den Einsatz von Crabgrass entschieden.

Mahara ist aus meiner Sicht für Menschen ohne nennenswerte IT-Vorkenntnisse einfacher zu verstehen und zu bedienen. Es gibt klar strukturierte Menüpunkte, für jede mögliche Funktion gibt es einen „button“, den man mit der Maus anklicken kann. Auch die Zusammenstellung eines Portfolios lässt sich sehr einfach durch die Maus per [„Drag and Drop“ → http://de.wikipedia.org/wiki/Drag_and_Drop] erledigen. Kurz gesagt: Die Einarbeitungszeit in Mahara ist für den „eLearning-Neuling“ kürzer als bei Crabgrass. Ausschlaggebend dafür, dass ich persönlich mich dennoch für Crabgrass entschieden habe, waren 2 Vorteile von Crabgrass:

1. dass durch die „Mausfreundlichkeit“ von Mahara, die für den IT-Neuling durchaus von Vorteil sein kann, einige Funktionen sehr umständlich zu erreichen oder durchzuführen sind. Ein Beispiel: Verlinkungen zu externen Seiten oder Seiten, die man selbst später noch erstellen will, sind mit 4 zusätzlich in den geschriebenen Text eingefügten Zeichen bei Crabgrass sehr schnell erstellt - bei Mahara hingegen muss ich erst mit der Maus das entsprechende Wort markieren, das verlinkt werden soll, dann auf den entsprechenden „Verlinken“-Button klicken, dann darauf warten, dass ein entsprechendes Eingabeformular geladen wird, in dem ich dann endlich den entsprechenden Link eintragen kann. Während die Erstellung eines Links bei Crabgrass nur wenige Sekunden dauert, bin ich bei Mahara mit jeder Verlinkung fast eine ganze Minute beschäftigt. Das unterbricht meinen Schreibfluss. Ich könnte noch weitere Beispiele liefern, die mir bei Mahara zu umständlich gelöst sind, etwa die Verwaltung von Zugriffsrechten oder die Zuordnung von Artefakten zu mehreren unterschiedlichen Portfolios.

2. dass Crabgrass, dadurch, dass sein Texteditor wie ein Wiki anstatt wie ein Blog aufgebaut ist, eine einfache Möglichkeit bietet, die verschiedenen Versionen eines Textes miteinander zu vergleichen. Wenn in Mahara ein Blogeintrag verändert wird, wird der alte Blogeintrag durch den neuen ersetzt - die alte Version ist verloren. Wenn in Crabgrass ein Wiki-Eintrag verändert wird, wird die alte Version als „Sicherheitskopie“ aufbewahrt und die Veränderungen von alter zu neuer Version können in übersichtlicher Form verglichen werden. Der Blogeintrag in Mahara stellt also nur das Endergebnis eines Schreibprozesses dar, während der Wiki-Eintrag in Crabgrass es ermöglicht, den kompletten Schreibprozess (also die Entwicklung von der Rohform eines Textes zu seiner endgültigen Form) in den Blick zu nehmen. Gerade diese Möglichkeit ist für die schreibdidaktische Verwendung von ePortfolios - wie ich im [nächsten Kapitel → eportfolios-in-der-schreibdidaktik] näher darstellen werde - von zentraler Bedeutung. Das hat für mich letztlich den Ausschlag gegeben, mich für Crabgrass und gegen Mahara zu entscheiden.

Fußnoten


fn1. Da das Hochladen und zur Verfügung stellen von Dateien im Internet auch immer mit der Gefahr von [Urheberrechtverletzungen → http://de.wikipedia.org/wiki/Urheberrechtsverletzung] verknüpft ist, ist eine einfach zu verstehende Zugangsregelung darüber hinaus auch im rechtlichen Sinne wichtig. (vgl. dazu Abschnitt [Zitation & Urheberrecht])

fn2. Vgl. [Vorstellungstext → http://crabgrass.riseuplabs.org/] von Crabgrass

[zum vorhergehenden Kapitel → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/was-ist-ein-eportfolio] | [zum nächsten Kapitel → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/eportfolios-in-der-schreibdidaktik]

4.Kapitel: Einsatzmöglichkeiten von ePortfolios in der Schreibdidaktik

Leitfragen:


  • Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich für die Schreibberatung bzw. Schreibdidaktik?
  • Eignen sich ePortfolios zur Erbringung eines benoteten Leistungsnachweises?
  • Werden bei ePortfolios andere Kriterien bewertet als bei einer “klassischen” Hausarbeit?

Für die universitäre Schreibdidaktik sind insbesondere drei der im [vorangegangenen Kapitel → https://we.riseup.net/bildung/eportfolio-geeignete-software] erwähnten Funktionen von Bedeutung:

* die Kommentarfunktion und die Bearbeitungsfunktion Mit Hilfe der Kommentar- und Bearbeitungsfunktionen ist es möglich, den Schreibprozess kontinuierlich durch Feedback auf die produzierten Textpassagen zu begleiten. Die Dozentin / der Dozent hat die Möglichkeit, jede Phase des Schreibprozesses online nachzuvollziehen und ggf. durch Hilfestellungen, Hinweise oder Korrekturen mithilfe der Kommentarfunktion oder direkten Anmerkungen im Text beratend und lehrend einzuwirken. Andererseits haben Schreibende die Möglichkeit, gezielt Feedback zu bestimmten Arbeitsschritten und/oder Textpassagen einzufordern, ohne dafür zwingend einen Sprechstundentermin vereinbaren zu müssen.

Dadurch, dass die produzierten Texte quasi überall, jederzeit, und für jede Person mit einem Internet-Zugang online verfügbar gemacht werden können, wird es für die/den Schreibende/n darüber hinaus leichter, sich auch von anderen Stellen als der/dem betreuenden Dozent/in Hilfestellungen zu holen (z.B. Kommilitonen, (Schreib-)Tutoren, Freunden, Verwandten).

* die Versionsfunktion Durch die Möglichkeit, den Verlauf der Textproduktion mithilfe der Versionsfunktion in ihrem zeitlichen Ablauf zu verfolgen, wird es einfacher, Lernfortschritte, Reaktionen auf Feedback sowie Argumentationsabfolgen der geschriebenen Arbeit nachzuvollziehen. Die/der betreuende Dozent/in kann dadurch zum Zwecke der Schreibberatung als auch zur Bewertung der Arbeit den gesamten Schreib*prozess* in den Blick nehmen. Sie/Er kann Fragen beantworten wie: Auf welchem Kenntnisstand war die/der Schreibende zu Beginn des Schreibprozesses (z.B. zum Zeitpunkt der ersten Rohversion)? Welche neuen Erkenntnisse hat der Schreibende im Verlauf seiner Beschäftigung mit dem Thema erlangt? Welche Schlüsse auf den Erkenntnisgewinn des Schreibenden lässt der Vergleich der ersten Rohfassung mit dem fertigen Produkt (der abgeschlossenen Hausarbeit) zu? Welchen Einfluss hatte das bisher gegebene Feedback auf die Textproduktion? Wurde das gegebene Feedback verarbeitet bzw. hat es geholfen? Gelingt es dem Schreibenden, die eigenen Thesen ggf. auch gegen inhaltliche Kritik wissenschaftlich abzusichern?

Doch nicht nur dem Dozenten wird durch die Versionierung die Beurteilung der geleisteten Arbeit erleichtert - auch der Schreibende selbst erhält die Möglichkeit, den eigenen Lernfortschritt bewusst nachzuvollziehen, weil ohne zusätzlichen Aufwand das Grundgerüst eines Lerntagebuchs entsteht[1].

Darüber hinaus wird durch die klare Nachvollziehbarkeit und Zuordnung zu den jeweiligen Erstellern der getätigten Änderungen ersichtlich, in welchem Maße die Arbeit eigenständig erstellt wurde, und an welchen Stellen der Schreibende die meiste Hilfe anderer benötigte, um hier ggf. gezielt Hilfestellungen anbieten zu können.

Sowohl die gezielte Schreibförderung als auch die Bewertung und Benotung eines Endprodukts kann also mit Hilfe einer durch das ePortfolio zur Verfügung gestellten breiteren Informationsbasis passgenauer und flexibler gestaltet werden.

Allerdings setzt diese Art der Förderung, aber auch der Bewertung und Benotung eine Erfahrung bzw. der Qualifizierung der Dozierenden voraus, denn nicht jede/r Dozent/in hat eine systematische schreibdidaktische Ausbildung genossen und auch die Bewertung eines Prozesses unterscheidet sich von der Bewertung eines Arbeitsprodukts.

h2. Fußnoten

[1] vgl. BAUMGARTNER, P. & HIMPSL, K. & ZAUCHNER, S. (2006) [Einsatz von E-Portfolios an (österreichischen) Hochschulen: Zusammenfassung → http://peter-baumgartner.at/baumgartner/plone/schriften/publications-de/pdfs/e-portfolio-projekt-zusammenfassung.pdf] S.5ff

[zum vorhergehenden Kapitel → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/eportfolio-geeignete-software] | [zum nächsten Kapitel → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/m%C3%B6glichkeiten-und-hindernisse-des-einsatzes-von-e]

5. Kapitel: Möglichkeiten und Hindernisse des Einsatzes von ePortfolios

Leitfragen


  • Welchen Nutzen kann der Einsatz von ePortfolios für Studierende, Dozierende und die Institution Universität bereitstellen?
  • Welche Hindernisse werden für den Einsatz von Eportfolios an Universitäten wahrscheinlich auftreten?
  • Worauf könnte sich der Einsatz von ePortfolios nachteilig auswirken?

—-

In diesem Kapitel werde ich ein Fazit aus den Erkenntnisssen der vorangegangenen Kapitel ziehen. Dazu werde ich zunächst in Stichpunkten noch einmal zusammenfassen, welche spezifischen Funktionen ePortfolios der [#Schreibdidaktik] bereit stellen sowie die [#Chancen], die diese Funktionen der Schreibdidaktik eröffnen, um den Inhalt der vorangegangenen Kapitel noch einmal rekapitulieren zu lassen.

Darauf aufbauend werde ich dann einen Ausblick darauf geben, welche [#Schwierigkeiten und Hindernisse] bei der Einführung von ePortfolios im universitären Alltag zu erwarten sind, sowie auf den potenziellen [#Nutzen], den ePortfolios für den individuellen Bildungsteilnehmer als auch für die Universität als Institution bereitstellen könnten.

Zusammenfassung

  • Besondere Funktionen des ePortfolio für die [#Schreibdidaktik#]
    • die Kommentarfunktion
    • die Korrekturfunktion
    • die Versionierungsfunktion
  • neue didaktische [#Chancen#] durch den Einsatz von ePortfolios
    • klarere Arbeitsabsprachen zu Hausarbeiten möglich → Diskussion „am Text“
    • Begleitung während des Arbeitsprozesses kann asynchron erfolgen
    • weniger überfüllte Sprechstunden
    • Bewertung kann aufgrund eines Arbeitsprozesses anstatt eines Arbeitsprodukts stattfinden
    • Der Arbeitsprozess kann ggf. (abhängig von der verwendeten Software-Lösung) durch den Lernenden durch die absichtliche Zusammenstellung von ausgewählten Artefakten bewusst dargestellt und reflektiert werden → Reflexives Lernen

Fazit

  • Welche institutionellen, organisatorischen und didaktischen [#Schwierigkeiten und Hindernisse#] sind beim Einsatz von ePortfolios zu erwarten?
    • Es ist bei der Einführung von ePortfolios zu erwarten, dass die meisten Dozierenden den Einsatz ablehnen werden, weil sie dadurch einen deutlich erhöhten Arbeitsaufwand befürchten. Ich habe keine Möglichkeit, gegen diesen Einwand empirische Studien vorzulegen, um das Gegenteil zu belegen. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass die Dozierenden die Hausarbeiten ihrer Studierenden nach der Abgabe jedenfalls komplett lesen und bewerten müssen. Dieser Arbeitsaufwand wird durch den Einsatz von ePortfolios nach der hier beschriebenen Methode grundsätzlich nur in kleinere Teilaufgaben zerteilt, die kontinuierlich anstatt gehäuft auftauchen, und in die Feedbackschleifen für den Schreibenden eingebaut werden. Daher behaupte ich, dass sich der zeitliche Aufwand für die Korrektur und Betreuung von Hausarbeiten bzw. ePortfolios nicht ausweiten wird, sondern verlagern von persönlichen Sprechstunden zu täglichen, dafür aber kürzeren Online-Beratungszeiten. Jedoch sollte Online-Lehre und -Beratung den persönlichen Kontakt nicht vollständig ersetzen, sondern kann nur zur Unterstützung und Entlastung dienen.
    • Der Einsatz von ePortfolios setzt die Qualifizierung der Dozierenden für ein neues Anforderungsprofil voraus: Die Bewertung eines Arbeitsprozesses statt eines Arbeitsergebnisses setzt die Kenntnis von Normen und Bewertungsmaßstäben für die Bewertung von Arbeitsprozessen voraus. Auch der Umgang mit dem verwendeten ePortfolio-Programm setzt einen Lernprozess und damit eine gewisse Einarbeitungszeit voraus. [1]
    • Ggf. müssen neue Bewertungsmaßstäbe in bestimmten Teilbereichen neu geschaffen oder angepasst werden. Es ist beispielsweise nicht unbedingt sinnvoll oder möglich, alle Formatierungs- und Zitationsregeln, die für Hausarbeiten gelten, unverändert für ePortfolios zu übernehmen (einfaches Beispiel: es ist in Crabgrass nicht möglich, die Seitenränder anzupassen). Zudem gibt es bisher keine festgelegten (verbindlichen) Regeln, was nach welchen Kriterien an einem ePortfolio-Arbeitsprozess bewertet werden sollte. Auch in den meisten Studienordnungen sind ePortfolios als Möglichkeit des Leistungsnachweises bisher nicht vorgesehen.
    • Andererseits steht dem Bedarf nach verbindlichen Bewertungsmaßstäben ein schreibdidaktisches Dilemma entgegen: Studierende könnten dadurch gehemmt werden, nach ihren „persönlichen“ Lernvorlieben vorzugehen, wenn diese am Ende mit in die Bewertung einfließen, und stattdessen lieber nach Leitfäden und schematischen Arbeitsanweisungen vorgehen: Das würde dem Entwickeln von individuell sinnvollen Schreibstrategien entgegenwirken und damit einem der Lernziele prozessorientierter Schreibdidaktik. [2]
  • Welchen institutionellen, organisatorischen und gesamtgesellschaftlichen (z.B. Wirkung auf den Übergang zwischen Universität und Beruf, Öffnung der Hochschulen gegenüber der Gesellschaft etc.) [#Nutzen#] könnten ePortfolios haben?
    • Wie schon im [Einleitungskapitel → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/einleitung-warum-eportfolio-statt-hausarbeit] erwähnt, können ePortfolios sehr flexibel für unterschiedlichste Nutzungszwecke eingesetzt werden. Es kann verwendet werden, um
    • nach* dem Seminar eine Hausarbeit *zum* Seminar zu schreiben, wie es häufig die bisherige Praxis ist. Es kann aber auch verwendet werden, um die aktive Vorbereitung des Seminars während des Semesters durch kontinuierliche Schreibaufträge zu fördern und damit gleichzeitig vorbereitende (betreute) Texte für die abschließende Hausarbeit zu produzieren.
    • Aus den Portfolios aller Studierenden zu einem gemeinsamen (Seminar-)Thema, die untereinander verknüpft sind, kann eine Wissensdatenbank entstehen, vergleichbar mit Wikipedia oder ähnlichen Wissensdatenbanken.
    • Wenn das Seminarthema zusätzlich noch so gewählt ist, dass es den Forschungsschwerpunkt der/des Dozierenden abbildet oder berührt, könnten die Hausarbeiten der Studierenden auch für die Dozenten einen zusätzlichen Nutzen entwickeln als Ergänzung und Unterstüzung ihrer eigenen Forschung.
    • Durch diese Einbindung in den wissenschaftlichen Prozess werden Hausarbeiten für die Studierenden von der wissenschaftlichen „Trockenübung“, die nur auf die Erteilung eines Leistungsnachweises durch den Dozenten ausgerichtet ist, zur (ggf. veröffentlichbaren) aktiven Wissensproduktion.
    • Die zukünftigen Absolventen erwerben dadurch die Kompetenz, mithilfe ihres individuellen Portfolios die eigenen Fähigkeiten und Leistungen ergänzend zu ihrem Abschluss strukturiert darzustellen und strukturiert auch nach dem Studium zu erweitern, und damit das heutzutage geforderte „lebenslange Lernen“ zu unterstüzen, was ihnen helfen kann, nach dem Studium leichter in den Arbeitsmarkt einzutreten und sich ihm ggf. anzupassen. [3]
    • Das Vernetzen der Portfolios untereinander (zwischen Studierenden und Dozenten sowie der Studierenden untereinander) begünstigt die Kooperation von Studierenden, z.b durch die Bildung von Lerngruppen und Forschungsclustern während und nach dem Studium, es fördert die Vernetzung von Wissens- und Arbeitsresourcen und die Effektivierung von Arbeitsabläufen (z.B. muss ein Buch nur noch einmal gescannt werden und kann dann allen Kommilitonen als Kopie zur Verfügung gestellt werden).
    • Themenspezifisch könnten die so entstehenden Datenbanken dann auch für Uni-externe Menschen relevant werden, um sich zu informieren oder daran mitzuarbeiten. Dies würde den von den Universitäten geforderten Wissenstransfer für die Gesellschaft befördern und damit eine Öffnung der Hochschulen für die Gesellschaft

[zum vorhergehenden Kapitel → https://we.riseup.net/bildung+eportfolio/eportfolios-in-der-schreibdidaktik]

Fußnoten


fn1. Vgl. dazu ausführlicher: Bisovsky, G. & Schaffert, S. (2009) [Lehren und Lernen mit dem E-Portfolio – eine Herausforderung für die Professionalisierung der Erwachsenenbildner/innen → http://www.die-bonn.de/doks/bisovsky0901.pdf]

fn2. Vgl. KRUSE, O. & RUHMANN, G. (2006) Prozessorientierte Schreibdidaktik: Eine Einführung. S.29f in: KRUSE, O. & BERGER, K. & ULMI, M. (Hrsg.) (2006) Prozessorientierte Schreibdidaktik

fn3. eine kritische Stellungnahme zu diesem Thema findet sich [hier. → http://net.educause.edu/ir/library/pdf/eqm0842.pdf]

Anmerkung zur Zitation

Bitte beachtet auch die Anmerkungen zur Zitation in diesem ePortfolio

andere Bereiche dieses Portfolios

Wie eingangs schon erwähnt, soll dieses Portfolio nicht nur die wissenschaftliche Hausarbeit über ePortfolios an sich (also das „Endprodukt“) beinhalten, es soll auch dazu dienen, den Weg dorthin zu dokumentieren, also die einzelnen Arbeitsschritte, die zur Erstellung des Endprodukts notwendig waren. Damit will ich so etwas wie ein „proof of concept“ gewährleisten, also mit diesem ePortfolio ein Beispiel liefern, dass das, was ich als Konzept innerhalb der wissenschaftlichen Hausarbeit vorschlage, tatsächlich auch praktisch umsetzbar ist. Deshalb gibt es neben dem Bereich für die wissenschaftliche Hausarbeit noch zwei weitere Bereiche:

Rohfassungen

In diesem Bereich werde ich ausgewählte Rohfassungen der endgültigen Kapitel ablegen, um zu versuchen, die Entwicklung meines Lernprozesses darzulegen. Das Schreiben von Hausarbeiten ist aus meiner Sicht ein fortwährender Lern- und Erkenntnisprozess, dessen einzelne Phasen beinahe spannender und interessanter sind als das letztliche Endergebnis. Im Verlauf eines Schreibprozesses passieren viele Dinge, die man der „Endversion“ nicht ansieht: Beispielsweise habe ich am Anfang eines Schreibprozesses eine ganz andere Vorstellung vom zu behandelnden Gegenstand der Untersuchung als am Ende des Prozesses. Durch Lektüre, intensives Nachdenken, aber auch Feedback durch sowie Diskussionen mit Kommilitonen, Freunden und/oder dem/der DozentIn bekomme ich nach und nach ein immer differenzierteres Bild vom Thema, ersetze Vorurteile und -annahmen durch neue, gesicherte Erkenntnisse. Diese Entwicklung sieht man der fertigen Hausarbeit jedoch nicht an, sie soll sich sogar möglichst „objektiv“ um ein gegebenes Thema drehen - für eine Reflexion der eigenen Entwicklung, des eigenen Erkenntnisprozesses ist hier kein Platz. Diese Entwicklung, diese Erkenntnisleistung kommt erst im Vergleich einer Rohfassung mit dem Endprodukt zum Vorschein - und sie ist es meiner Meinung nach Wert, durch den Schreibenden selbst als auch durch den Dozenten reflektiert und ggf. auch bewertet zu werden. Deswegen gibt es neben diesem noch einen dritten Bereich in diesem ePortfolio:

Reflexion/Bewertung

In diesem Bereich werde ich versuchen, über meinen Arbeitsprozess zu reflektieren und ihn kontinuierlich zu bewerten. Im pädagogischen Fachjargon wird dieses Vorgehen auch „Meta-Reflexion“ genannt, weil es darum geht, das eigene Handeln, das eigene Lernen zu reflektieren, und weniger darum, das Gelernte zu beurteilen - die Bewertung der gegebenen Fakten leistet man ja auch schon in der wissenschaftlichen Arbeit selbst. „Meta“ bedeutet hier also, einen „höheren“ Blickwinkel einzunehmen, sich selbst und das eigene Lernverhalten sozusagen noch einmal „von außen“ zu betrachten.

Quellen und Ressourcen

In diesem Bereich werde ich versuchen, alle Onlinequellen und Monographie(-Auszüge, die ich für meine Recherche zu diesem Thema verwendet habe, übersichtlich zusammenzustellen. Momentan besteht dieser Bereich allerdings auch zunächst in einer Rohfassung, wo ich alle verwendete Literatur erst einmal ungeordnet als unkommentierte Literaturliste einpflegen werde. Im Laufe des Arbeitsprozesses werde ich die Liste zu einer kommentierten Literaturliste ergänzen.

/hp/ag/af/zd/www/data/pages/offen/nutzer/benjamin_bettinger/werke/eportfolios.txt · Zuletzt geändert: 2019/02/12 18:32 (Externe Bearbeitung)